Ein Leserbrief an die Rosenheimer Nachrichten

Ein Leserbrief an die Rosenheimer Nachrichten

Als Reaktion auf die Pressemitteilung des Naturkundemuseums Berlin und ein nachfolgendes Schreiben von Prof. Reimold vom selbigen Museum an die Redaktionen mehrerer oberbayerischer Zeitungen sowie diesbezügliche Veröffentlichungen in diesen Zeitungen hat der Astronom Dr. Michael Oestreicher einen Leserbrief an die Rosenheimer Nachrichten verfaßt. Wir bedanken uns bei ihm für die Genehmigung, diesen Leserbrief auf unserer Webseite zu veröffentlichen.

Vieles spricht für einen Kometeneinschlag

Leserbrief zum Artikel: Forschergruppe stuft Chiemgau-Kometen als Humbug ein

Die akribischen geophysikalischen und mineralogischen Untersuchungen des Chiemgau Impact Research Team (CIRT) erfüllen nicht nur alle Kriterien seriöser wissenschaftlicher Arbeit, sondern liefern auch überzeugende Argumente für einen Kometeneinschlag in unserer Region. Überzogene journalistische Darstellungen wie vor einem Jahr im ZDF im Rahmen der Reihe «Terra X» oder leider auch das apokalyptische Bild im Artikel der ROSENHEIMER NACHRICHTEN schmälern das Verdienst des CIRT in keiner Weise. Von einem Riesenkometen und einer Zerstörung der keltischen Kultur durch denselben sprechen die Publikationen des CIRT in keiner Weise.

Die Größenordnung, von der bei dem Chiemgau-Einschlag die Rede ist, entspricht in etwa der des tungusischen Meteors, welcher 1908 in der ostsibirischen Taiga niederging und etwa 1.200 Quadratkilometer Wald zerstörte. Dieser hinterließ keinen Krater, was aber nicht zwingend gegen die Theorie des CIRT spricht. Dass einzelne Fragmente des Kometen den Eintritt in die Atmosphäre überstanden und den Boden erreichten, ist durchaus glaubwürdig. Ein etwa 20 bis 30 Meter großer Brocken hätte zur Bildung des Tüttensees bereits genügt. Die übrigen Kraterkandidaten sind noch viel kleiner und hätten nur Fragmente mit Durchmessern von einigen Dezimetern bis Metern benötigt. Modellrechnungen und Experimente zeigen, dass das einschlagende Objekt in der Regel einen mehr als zehn Mal kleineren Durchmesser hat als der Krater.

Dass Kometenfragmente den Eintritt in eine dichte Atmosphäre überstehen können, wurde zuletzt in den 90er Jahren eindrucksvoll beobachtet, als Bruchstücke von Levy-Shoemaker auf Jupiter einschlugen, wodurch sich vorübergehend weitere rote Flecken bildeten.

Eine archäologisch fassbare Zerstörung von Siedlungen durch Feuersbrünste kann wohl nur im Umkreis des Tüttensees erwartet werden. Der Zerstörungsradius durch den von einem Einschlag ausgehenden Feuerball ist etwa 20 Mal größer als der Kraterradius. Im Falle des Tüttensees könnte dieser Radius also bei etwa fünf Kilometern gelegen haben. Bei den übrigen Kraterkandidaten kommt man auf Zerstörungsradien von einigen 10 bis 100 Metern. Bei der damaligen geringen Bevölkerungsdichte ist es nicht sehr wahrscheinlich, dass ganze Dörfer durch ein einschlagendes Kometenfragment ausgelöscht wurden.

Michael Oestreicher,
Rosenheim

Michael Oestreicher 17.02.2007