Pressemitteilung

– in Auszügen und mit Abwandlungen gedruckt von

  • Traunsteiner Wochenblatt, 22.7. 2006
  • Chiemgau-Zeitung, 22./23.7 2006
  • Alt-Neuöttinger Anzeiger, 25.7. 2006

 

Termin beim Minister: (von links) Dr. Michael Rappenglück, Prof. Dr. Egon Greipl, Dr. Christian Soika, Klaus Steiner (im Vordergrund), dahinter Dr. Andreas Baur, Dr. Walter Irlinger, Dr. Thomas Goppel, Hans-Peter Matheisl, Werner Mayer, Prof. Dr. Kord Ernstson.

Weichenstellung für die Forschung am Chiemgau-Impakt: Landesamt für Denkmalpflege und Impaktforscher legen Konflikt bei

Hat es in historischer Zeit, vor etwa 2500 Jahren, in der Region zwischen Altötting, dem Chiemsee und den Chiemgauer Alpen eine große Katastrophe gegeben, die durch einen extraterrestrischen Körper, z.B. einen zerplatzenden Kometenkern, verursacht wurde?

Diese Frage bewegt sei einigen Monaten zusehends die Gemüter der Laien und führte zu heftigen Auseinandersetzungen unter Fachleuten, die zuletzt immer mehr über die Medien ausgetragen wurden.

Besonders schwierig gestaltete sich das Verhältnis zwischen den Vertretern des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege und der unmittelbar die Forschung betreibenden Gruppe CIRT (Chiemgau Impact Research Team). In dieser hatten sich Amateur-Archäologen, die erstmalig auf ungewöhnliche Bodenformationen und Materialien in der Region gestoßen waren und Fachwissenschaftler (unter anderem von der Universität Würzburg) zusammengeschlossen, um das Phänomen, das unter dem Titel Chiemgau-Impakt Schlagzeilen gemacht hatte, gründlich zu erforschen.

Die Kritik beider Seiten aneinander bezog sich nicht nur auf die vorgetragene Theorie des Impakts (Einschlags) eines extraterrestrischen Körpers, sondern auch auf die Frage, inwieweit bei der geologischen Forschung etwaige archäologische Funde im gleichen Gebiet unbeabsichtigt in Mitleidenschaft gezogen werden könnten. Der gesetzliche Auftrag des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege, dem der wichtige Schutz archäologischer Denkmäler obliegt und das gleichermaßen berechtigte Anliegen der geologisch-mineralogischen Forschung, ein Kraterfeld zu untersuchen, das hinsichtlich seiner Größe, der Materialbefunde und seines jungen Alters weltweit eine Besonderheit darstellt, trafen hart und wie es schien unversöhnlich aufeinander.

Die Amateur-Archäologen und die an der Forschung beteiligten Fachwissenschaftler sahen sich durch die staatliche Behörde zusehends in die Ecke der „Hobbyforscher“ abgeschoben oder gar in Zusammenhang mit „Raubgräbern“ gesetzt und erfuhren, dass ihre wissenschaftliche Forschung durch Versagen von Genehmigungen stellenweise kräftig behindert wurde. Andererseits werteten die Vertreter des Landesamts für Denkmalpflege im Verbund mit anderen Fachwissenschaftlern die Tätigkeit des CIRT als Herausforderung der eigenen Forschung und mögliche Gefährdung archäologisch bedeutender Fundstellen.

Um den Konflikt zu entschärfen, Vertrauen wieder herzustellen und die zukünftige Arbeit von Denkmalschützern und Impaktforschern zu koordinieren, traf man sich dieser Tage zu einem hochrangigen Gespräch mit Dr. Thomas Goppel, dem Staatsminister für Wissenschaft, Forschung und Kunst im Bayerischen Landtag. Vertreten waren unter anderem Klaus Steiner, Bezirksrat Traunstein, Prof. Dr. Egon Greipl, Generalkonservator und Dr. Walter Irlinger vom Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege, Dr. Christian Soika, Kreisheimatpfleger Lkrs. Traunstein, Prof. Dr. Kord Ernstson, Dr. Michael A. Rappenglück MA, Werner Mayer, Hans-Peter Matheisl vom CIRT.

Bezirksrat Klaus Steiner, im Auftrag von  Landtagspräsidenten Alois Glück, hatte sich bereits im Vorfeld seit Monaten in vielen Einzelgesprächen darum bemüht, die Beteiligten an einen Tisch zu bringen, um die Chance zu wahren, die Erforschung des Phänomens „Chiemgau-Impakt“ weiterhin zu betreiben, ungeachtet einer abschließenden wissenschaftlichen Bewertung. Auch Herr Sepp Konhäuser, stellvertretender Landrat des Lkrs. Traunstein, war in den vergangenen Monaten immer wieder dafür eingetreten, die Arbeit der Forschergruppe CIRT nicht öffentlich zu disqualifizieren und seitens der Behörden der Unseriosität zu bezichtigen. In einem Schreiben an Herrn Staatsminister Dr. Thomas Goppel wies er darauf hin, dass durch CIRT eine wichtige wissenschaftliche Arbeit verantwortlich geleistet wird, die nicht behindert werden sollte. Nur so könnten die Ergebnisse im weiteren Wider- und Wettstreit mit alternativen Resultaten anderer Forschergruppen eine Prüfung der Hypothese möglich machen, die, wenn sie sich als stimmig erwiese, der Region ein einzigartiges Naturdenkmal bescheren würde.

In dem etwa einstündigen Gespräch gelange es jenseits von Vorwürfen, Missverständnissen und Vertrauensverlusten, eine neue Basis für eine Annäherung zwischen Landesamt für Denkmalpflege und Impakt-Forschern zu legen. Die Bedeutung und Seriosität der Forschungstätigkeit des Chiemgau Impact Research Teams wurde seitens der staatlichen Behörde anerkannt, ungeachtet bestehender wissenschaftlicher Meinungsverschiedenheiten. Man war sich einig, dass der Begriff „Hobbyforscher“ unglücklich und unangemessen sei, angesichts der fachlichen Kompetenz und der Leistung der Gruppe des Chiemgau Impact Research Teams. Da der vergangene mediale Schlagabtausch einer Erforschung des vermuteten Impakt-Phänomens und späteren Bewertung pro/contra entgegensteht, wurde vereinbart, dass das Landesamt und Impakt-Forscher miteinander ins Gespräch kommen, Informationen austauschen sowie  eine engere Zusammenarbeit anstreben. So will man  beidem gerecht werden: den Zielsetzungen der archäologischen Forschungen und den gesetzlichen Rahmenbedingungen des Denkmalschutzes, als auch dem Anspruch auf eine gründliche interdisziplinäre Erforschung des Chiemgau-Impakts, dessen wissenschaftliche und kulturhistorische Bedeutung außerordentlich wäre, wenn sich die vorgetragenen Hypothesen noch weiter bestätigen lassen.

In Zukunft werden sich Dr. Walter Irlinger vom Landesamt für Denkmalpflege und Dr. Michael Rappenglück vom CIRT abstimmen, damit spezielle geologische Grabungsprojekte zur  Erforschung des Chiemgau-Impakts nicht in Konflikt mit dem Schutz archäologischer Fundstellen gelangen. Auch soll auf diese Weise die Koordinierung verschiedener Forschergruppen, die sich in nächster Zeit der Erforschung des Phänomens zwischen Altötting und dem Chiemseegebiet widmen wollen, eingeleitet werden. Im Gespräch vom 19.07.2006 wurde auch die Schaffung einer Clearing-Stelle diskutiert. Sämtliche Beteiligte waren sich darin einig, dass diese, falls sie eingerichtet würde, ausdrücklich nicht als Instrument einer „wissenschaftlichen Evaluation“ dienen kann, sondern für Zweifelsfälle in Fragen der Grabungserlaubnis, wenn beabsichtigt wird, die geologischen Forschungen in archäologisch relevantem Gebiet durchzuführen oder bei ähnlich gelagerten Problemfällen mit rechtlicher Relevanz für den Denkmalschutz.

Es ist zu hoffen, dass statt der teilweise sehr harten und unversöhnlichen Streitigkeiten der vergangenen Jahre nun eine produktive Erforschung eines ungewöhnlichen und möglicherweise sensationellen Phänomens möglich ist, das Bayern vielleicht einen weiteren „Meteoritenkrater“ und sogar ein Kraterstreufeld beschert.