Geophysik

Seit der ursprünglichen Veröffentlichung auf dieser Webseite sind neue Erkenntnisse hinzugekommen:

— Die anomale magnetische Bodensuszeptibiltät, die Hoffmann et al. (2004. siehe unten) im äußersten Norden des Kraterstreufeldes gemessen haben, wurde inzwischen mit denselben Merkmalen vom CIRT in der Nähe vom Tüttensee-Krater in den Wäldern von Marwang nachgewiesen. Neue geomagnetische Feldmessungen und weitere Messungen der Bodensuszeptibilität haben weitflächig im Kraterstreufeld ein z.T. stark anomales magnetisches Verhalten der Böden und obersten Gesteinsschichten erbracht. Ein Bericht dazu wurde zur Veröffentlichung eingereicht.

Chiemgau Impakt Peak magnetische Suszeptibilität

Ein Peak stark anomaler magnetischer Bodensuszeptibilität im Waldboden in der Nähe von Marwang.

— Seismische Sedimentecholot-Messungen wurden von Geographen der Universität Jena auf dem Tüttensee durchgeführt. Ein unveröffentlichter Bericht für das Bayerische Landesamt für Umwelt (LfU) und zusätzliche seismische Profile wurden dem CIRT zur Verfügung gestellt. Eine Neuinterpretation der Seismogramme durch das CIRT zeigt, dass der eigentliche Meteoritenkrater ganz im Einklang mit den früheren Messungen der Gravimetrie nicht mit den Umrissen des Sees korrespondiert, sondern etwas kleiner ist. Zudem zeigen die seismischen Messungen, dass der Seeboden sich absolut von dem unterscheidet, was für einen „klassischen“ See im postglazialen Alpenvorland zu erwarten ist, was einmal mehr die von lokalen und regionalen Geologen weiterhin proklamierte Toteisgenese der Tüttensee-Hohlform verwirft. Die seismischen Messungen belegen ebenfalls unübersehbar in den Seismogrammen, dass der von Geologen des LfU für Radiokarbon-Datierungen entnommene Bohrkern nichts anderes als eine ganz normale stratigraphische Abfolge deutlich außerhalb des eigentlichen Kraters enthält, was genau dort zu erwarten war. Die vom LfU in der Presse  und dann in einem Artikel großsprecherisch verkündete Botschaft, dass damit der Chiemgau-Impakt „erledigt“ sei, war damit allerdings völlig substanzlos und demonstrierte, dass am LfU der Sachverstand für Impaktprozesse und Impaktgeologie nicht vorhanden ist. Das kann hier auf der Webseite unter dem Menüpunkt Diskussion in allen Einzelheiten nachgelesen werden.

Chiemgau Impakt Tüttensee Krater-Entstehung

Die Bildung des Tüttensee-Meteoritenkraters (stark vereinfacht) und Ort der LfU-Bohrung für die Radiokarbon-Datierung. Erstmals veröffentlicht in Antiquity 85, 2011, p. 279 (http://antiquity.ac.uk/ant/085/ant0850278.htm).

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Gravimetrische Untersuchungen bei Grabenstätt: Anzeichen für einen Impaktursprung des Tüttensee-Kraters (Chiemgau-Impakt) erhärtet.

Kord Ernstson

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Zusammenfassung 

Der Tüttensee mit etwa 400 m Durchmesser gilt im Rahmen des Chiemgau-Impaktes als der bisher größte der Einschlagkrater. Über Form und Tiefenausdehnung des Wasserkörpers liegen bisher widersprüchliche Angaben vor, was vermutlich mit der Ausbildung mächtigerer fester organischer Schichten am Boden zusammenhängt. In einer geophysikalischen Gravimetriekampagne wurden der (zugefrorene) Tüttensee und sein Umfeld untersucht mit dem Hauptziel, Form und Tiefe des Kraters zu ermitteln. Die Anomalie des Tüttensees erreicht etwa -0,8 mGal, wobei der Hauptanteil von der Wasserfüllung herrührt. Modellierungen der Schwereanomalie führen zu unbefriedigenden Abschätzungen für die Geometrie des Wasserkörpers, was vor allem mit unerwartet komplexen Dichteverteilungen im Umfeld zu tun hat. Überraschend ist der Nachweis eines Ringes relativ positiver Anomalien um die negative Anomalie herum, der mit einer flachen Linse (Durchmesser ca. 1000 m) leicht erhöhter Dichte modelliert wird. Die Dichteerhöhung wird mit dem von Erdbeben bekannten Modell einer Bodenverflüssigung und Verdichtung und zusätzlicher Kompaktion der unverfestigten, hochporösen und wassergesättigten Gesteine durch die Schocknachströmung gedeutet. Neben Schockeffekten und Hochdruck-/Kurzzeitdeformationen in Gesteinen des Tüttensee-Ringwalles sowie dem Nachweis eines graphithaltigen Impakthorizontes mit brecciierten und extrem korrodierten silikatischen und karbonatischen Geröllen bietet die Geophysik ein weiteres Argument gegen die bisherige Annahme einer Toteisgenese des Tüttensees. Weitere Untersuchungen können von Bedeutung sein, wenn es um das Verständnis von Impaktvorgängen in lockeren, extrem wasserreichen Gesteinen geht. 

1 Einführung 

Im Rahmen des Chiemgau-Impaktes (CIRT 2004) spielt der Tüttensee bei Grabenstätt eine besondere Rolle. Im südwestlichen Endbereich der Einschlag-Streuellipse gelegen wird er mit einem Durchmesser von grob 400 m gegenwärtig als der größte der Meteoritenkrater angesehen (Rappenglück et al. 2004, CIRT 2005). Er ist durch einen ausgeprägten Ringwall gekennzeichnet (Abb. 1), weist charakteristische Hochdruck/Kurzzeit-Deformationen in alpinen Geröllen aus dem Ringwall auf (Rappenglück et al. 2005) und zeigt seine Impaktnatur durch das Auftreten von charakteristischen Schockeffekten (planare Deformationsstrukturen, PDFs) in Mineralen (Schüssler et al. 2005), ebenfalls in Geröllen aus dem Ringwall. Bei Schürfen im weiteren Umfeld des Tüttensees wurde ein graphithaltiger Impakthorizont mit brecciierten und extrem zersetzten silikatischen und karbonatischen Geröllen nachgewiesen, wobei ein Zusammenhang mit der Bildung des Tüttensees (Impakt-Ejekta) zu vermuten ist.

Vor der Entdeckung des Chiemgau-Impaktes wurde der Tüttensee im allgemeinen als ein Relikt aus der Eiszeit, als ein sogenanntes Toteisloch angesehen. Diese Entstehung wird auch heute noch von einigen Regionalgeologen vertreten (Doppler & Geiß 2005), obgleich die Argumente auf schwachen Füßen stehen (CIRT 2005).

Eine ungeklärte Größe war bisher die Tiefe des Tüttensees. Während amtliche Datenblätter von durchschnittlich 14 m und maximal 17 m Tiefe ausgehen, sollen angeblich Taucher mit einer Lotung bis eine Tiefe von etwa 70 m gekommen sein. Da der Tüttensee reichlich organisches Material und nach Taucherberichten wohl auch zahllose Baumstämme führt, sind widersprüchliche Angaben über die Seetiefe einleuchtend. Auf der anderen Seite verhindert gerade dieses organische Material systematische Lotungen (sowohl mechanische als auch elektronische mit Echolot/Sonarmessung), so daß die Frage nach der Tiefe weiterhin offen ist. Im Rahmen von Überlegungen zum Impaktprozeß und der Ausformung des Tüttensees sind verständlicherweise Angaben zur Tiefe des Kraters unerläßlich, und so entstand die Idee, Abschätzungen zur Tiefe indirekt mit Hilfe von Schwerkraftmessungen (Gravimetrie) zu erlangen. Schwerkraftmessungen reagieren auf Dichteunterschiede im Untergrund, und so sollte der große Dichteunterschied zwischen dem Wasser des Sees (einschließlich des organischen Materials mit ebenfalls sehr geringen Dichten) und dem einbettenden Gestein das Relief des Seebodens im Bild der Schwereverteilung abzeichnen und über computer-gestützte Modellierungen grobe Bestimmungen der Wassertiefe erlauben. Instrumente der Schweremessungen sind höchstempfindliche Gravimeter mit einem schwingfähigen Meßsystem, das nur auf einem festen Untergrund arbeiten kann. Eine Meßkampagne kam deshalb nur für einen zugefrorenen, begehbaren Tüttensee in Frage.

Schweremessungen spielen bei der Erforschung von Meteoritenkrater/Impaktstrukturen normalerweise eine ganz andere, allerdings auch wichtige Rolle. Das hängt damit zusammen, daß beim Impakt die extreme kinetische Energie des kosmischen Projektils auf den Untergrund übertragen wird, was über Umwandlung in thermische Energie zum Verdampfen und Schmelzen der Gesteine führt und darüber hinaus generell eine Veränderung und Auflockerung eines großen Untergrundvolumens bewirkt. Es leuchtet ein, daß damit auch enorme Dichteveränderungen in den Gesteinen einhergehen, die dazu führen, daß Impaktstrukturen generell als Anomalien (in sehr vielen Fällen annähernd kreisförmig) im allgemeinen Feld der Erdanziehung zu beobachten und auszumessen sind. Dabei kann die Gravimetrie zur Strukturerkundung beitragen aber auch Abschätzungen zum Energieeintrag beim Impakt liefern.

Bei kleinen Meteoritenkratern sind die entsprechenden Auswirkungen im allgemeinen auch klein, wobei zu erwarten war, daß der Tüttensee-Krater an der Grenze von nachweisbaren Effekten liegen sollte, insbesondere angesichts der starken (negativen) Schwerewirkung der Wasserfüllung. Dennoch wurde die eigentliche Tüttenseemessung um die Vermessung eines größeren umgebenden Areals erweitert, um nicht von vornherein einen Kenntniszuwachs auszuschließen.

Im vorliegenden Artikel wird über eine solche Gravimetrie-Kampagne auf dem Eis des Tüttensees und in seiner Umgebung berichtet. Es werden verschiedene Bearbeitungen der gemessenen Daten erläutert, berechnete Modelle zur dichtemäßigen Untergrundstrukturierung vorgelegt und diese bezüglich der Genese des Tüttensees interpretiert.

Tüttensee-Meteoritenkrater Gravimetrie auf EisAbb.1. Gravimetrie auf dem Tüttensee. Im Hintergrund der Ringwall des Kraters.

2 Durchführung der Messungen

Abb. 2 zeigt eine Übersichtskarte der Meßregion und eine Detailkarte, in der der Umriß des Meßfeldes markiert ist. Es wurden insgesamt 116 Gravimeterstationen gemessen, von denen 40 auf die Eisfläche des Tüttensees entfallen.

Chiemgau Impakt Tüttensee Krater Gravimetrie Lageplan

Abb. 2. Lage des Gravimetrie-Meßgebietes.

Die Messungen wurden mit einem Gravimeter LaCoste-Romberg, Typ G, durchgeführt. Die zeitlichen Änderungen der Gravimeterablesungen (zur Erfassung der Gezeitenwirkung von Mond und Sonne sowie von Instrumentdriften) wurden durch regelmäßige Wiederholungsmessungen an einem Basispunkt erfaßt. Da die gemessenen Schwerewerte empfindlich höhenabhängig sind, mußte in einer Vermessungskampagne die Höhe jedes Gravimeterpunktes, auch auf dem Eis, einnivelliert werden. Ein Anschluß an das NN-Höhennetz wurde über amtliche Höhenfestpunkte vorgenommen. Zur gravimetrischen Geländearbeit gehörte schließlich auch noch die Geländeaufnahme im Bereich aller Meßpunkte zur Ermittlung der sog. Nahwirkung der Massen. Sie blieb im allgemeinen gering und bei der Mehrzahl der Gravimeterpunkte kleiner als die Meßgenauigkeit.

3 Bearbeitung und Darstellung der Daten

An den Meßdaten waren umfangreiche Korrekturen (Reduktionen) anzubringen. Dazu gehören die BOUGUER’sche Plattenreduktion (gedachte Gesteinsplatte zwischen Meßpunkt und Bezugsniveau), die Höhenreduktion, die Gezeitenreduktion, die Breitenreduktion sowie die Massenreduktion für das Oberflächenrelief. Als Ergebnis aller Reduktionen liegen die Daten der sog. BOUGUER-Schwere vor, die die Grundlage für die Konstruktion der Schwerekarte des Meßgebietes mit Linien gleicher Bouguer-Anomalien (= Isogammen) bilden. Sie ist in Abb. 3 als Farbgraphik gezeichnet. Die Skalierung mit Werten um 20 Milligal (mGal) herum darf nicht irritieren, da es sich um relative Schwereänderungen handelt und ein Anschluß an bereits vorhandene Schwerenetze nicht vorgenommen wurde.  

 Tüttensee Meteoritenkrater Gravimetrie Bouguer-AnomalienAbb.3. Karte der Bouguer’schen Schwereanomalien

Wie bei allen Feldern geophysikalischer Meßdaten können weitere Bearbeitungen sinnvoll sein. Bei Schwerefeldern sind es vor allem besondere Filterverfahren, die Daten einer Glättung unterziehen oder bestimmte Eigenheiten des Feldes dem Auge besser sichtbar machen. Das z.B. kann das Herauspräparieren langwelliger Trends oder von Anomalien bestimmter Wellenlängen sein. Im vorliegenden Fall wurde das Feld der Bouguer-Anomalien einer leichten Glättung mit einer Tiefpaßfilterung unterzogen. Bild 4 zeigt das resultierende geglättete Feld, das nunmehr die Grundlage aller weiteren Bearbeitungsschritte und besonderer Darstellungen ist.

 Tüttensee Meteoritenkrater Bouguer AnomalienAbb. 4. Geglättetes Feld der Bouguer-Anomalien.

4 Regionalfeld und Restfeld

Gemessene Schwerefelder bestehen immer aus einer Überlagerung (Addition) verschiedener Anteile, die unterschiedlichen Dichtekörpern im Untergrund zugeschrieben werden können. Will man einen dieser Anteile genauer untersuchen, muß man seine Schwerewirkung von der der anderen trennen. Im vorliegenden Fall der Tüttensee-Gravimetrie ist diese Eigenart besonders klar ausgebildet, wie Anlage 5 A vermittelt. Man erkennt die kleinräumige, von einem Kreis markierte Tüttensee-Anomalie (die lokale Anomalie) genau im Randbereich einer langgezogenen großräumigeren Anomalie, die sich nach Westen hin aufweitet. Will man nur die Anteile untersuchen, die vom Tüttensee herrühren (das Restfeld), so muß man in seinem Bereich die Wirkung der großen Anomalie (das Regionalfeld) kennen, was aber nicht der Fall ist. Mathematisch kann man dabei von einer Gleichung mit zwei Unbekannten sprechen, die nicht eindeutig lösbar ist:

gemessenes Feld = Regionalfeld + Restfeld

Man muß also Annahmen über das Regionalfeld machen, damit man die Gleichung nach „Restfeld“ auflösen kann, was der Differenzbildung gemessenes Feld – Regionalfeld entspricht.

5

Abb. 5. Unten: Überlagerung der Tüttensee-Anomalie (Kreis) mit einer langgestreckten relativ negativen Anomalie. Oben: Quadratischer Ausschnitt zur Konstruktion des Regionalfeldes.

Im Fall des Tüttensees wurde so vorgegangen, daß über den Bereich des Tüttensees eine blanke quadratische Fläche mit der Kantenlänge 800 m gelegt wurde (Abb. 5 B), um durch diese Fläche die Isolinien eines Regionalfeldes hindurchzuinterpolieren. Das wurde mit einem computer-gestützten Interpolationsprogramm vorgenommen, und das Resultat ist in Abb. 6 wiedergegeben.

 Tüttensee Meteoritenkrater Gravimetrie Regionalfeld

Abb. 6. Regionalfeld für die Tüttensee-Gravimetrie.

Zieht man nunmehr dieses Regionalfeld vom gemessenen Feld der Abb. 4 (bzw. 5 A) ab, so verbleibt als Differenz das Restfeld, das in Abb. 7 gezeigt wird. Man muß sich noch einmal darüber im Klaren sein, daß es für diese Prozedur keine eindeutige Lösung gibt und sich Unsicherheiten der Regionalfeldbestimmung als Unsicherheiten im Restfeld wiederfinden. Tüttensee Meteoritenkrater Gravimetrie Lokalfeld KraterAbb. 7. Restfeld-Anomalie für den Tüttensee.

 

5 Ergebnisse 

5.1 Die Bouguer-Karte 

5.1.1 Die Grabenstätt-Rinne

Die vorhergehende Erörterung hat klar gemacht, daß das Bouguer’sche Schwerefeld (Abb. 4) außer der Tüttensee-Anomalie eine weitere sehr ausgeprägte Anomalie aufweist. Die langgestreckte Anomalie ist relativ negativ (verringerte Schwerewerte), was auf ein rinnenartiges Massendefizit im Untergrund hinweist. Die Anomalie verläuft west-östlich und weitet sich nach Westen in Richtung Grabenstätt und den Chiemsee auf, weshalb wir sie die Grabenstätt-Rinne nennen wollen. Eine geologische Erörterung soll hier unterbleiben.

 Tüttensee Meteoritenkrater Gravimetrie Lage ProfileAbb. 8. Profilentnahme für Grabenstätt-Rinne und Tüttensee-Anomalie.

Da diese große Anomalie auch in das Areal des Tüttensees eingreift, wurde sie mit einer Modellberechnung näher untersucht. Dazu wurden die Schwerewerte entlang eines NNW – SSE gerichteten Profils entnommen (Abb. 8). Die zugehörige Schwerekurve senkrecht zur Rinnenachse ist zusammen mit dem Ergebnis der Modellberechnung in Abb. 9 wiedergegeben.

 Tüttensee Meteoritenkrater Gravimetrie 2D Modell RegionalfeldAbb. 9. Modellierung der Anomalie der Grabenstätt-Rinne.

Bei einer gut angepaßten berechneten an die gemessene Schwerekurve findet man, daß die Rinne bei den modellierten Dichten am Westrand des Meßgebietes etwa 200 m in dichteres Gestein (Dichte 2,0 g/cm³) eingetieft ist. Die Rinnenfüllung selbst ist noch einmal unterteilt in eine untere Lage mit der Dichte 1,7 g/cm³ und eine obere Lage mit der noch geringeren Dichte von nur noch 1,5 g/cm³. Die dargestellte Rinne mit den verwendeten Dichten ist ein mögliches Modell; andere Geometrien und Dichten mit gleichguter Anpassung sind vorstellbar. Wesentlich ist, daß auch bei dieser sehr groß angenommenen Eintiefung sehr geringe Dichten für das Rinnenmaterial angenommen werden müssen. Eine geringere Rinnentiefe würde noch weiter verringerte Dichten verlangen, um die gemessene Schwereanomalie zu erklären. Diese geringen Dichten spielen später bei der Deutung der Tüttensee-Anomalie eine nicht unwesentliche Rolle.

5.1.2 Die Tüttensee-Anomalie

Wie nach den Vorgaben der Einführung zu erwarten, weist der Tüttensee wegen der geringen Dichte des Wassers und des eingebetteten organischen Materials eine merkliche negative Schwereanomalie auf, die vor allem auch in den zwei entnommenen (Abb. 8), N – S- und W – E-verlaufenden Schwereprofilen zum Ausdruck kommt.

Tüttensee Meteoritenkrater Gravimetrie Profile Bouguer Restfeld

Abb. 10 . Bouguer-Schwereprofile der Tüttensee-Anomalie.

Beide Profile (Abb. 10) haben unterschiedlichen Charakter, was vor allem mit den starken Einfluß des Regionalfeldes zusammenhängt. Insbesondere im W – E-Profil bemerkt man, daß die negative Anomalie randlich von schwachen relativ positiven Anomalien begleitet wird. Deutlicher wird das noch in einer besonderen perspektivischen Wiedergabe der Schwerefläche in Abb. 11.

 Tüttensee Meteoritenkrater Gravimetrie Bougueranomalien 3DAbb. 11. Anomalien von Grabenstätt-Rinne und Tüttensee als räumliche Schwerefläche. Man beachte vor allem den Ring relativ positiver Anomalien um die negative Anomalie des Tüttensees herum.

Es wird besonders deshalb auf diesen Ring relativ positiver Anomalien aufmerksam gemacht, weil er bereits in der ursprünglichen Bouguer-Karte sichtbar wird und nicht etwa ein „Kunstprodukt“ einer Datenbearbeitung (z.B. der Restfeldbestimmung) ist. Deutlich wird in dieser perspektivischen Wiedergabe der Schwerefläche auch, wie der Tüttensee genau in der Flanke der Grabenstätt-Rinne liegt.

5.2 Der Horizontalgradient des Schwerefeldes 

Tüttensee Meteoritenkrater Gravimetrie HorizontalgradientAbb. 12. Karte des Horizontalgradienten.

Zu Filterprozessen, die auf geophysikalische Felder angewandt werden, gehört auch die Berechnung verschiedener Ableitungen (Gradienten). Solche Felder, berechnet und dargestellt, verdeutlichen bestimmte Strukturen vielfach besser als das Originalfeld. Eine wichtige Größe, die aus der Bouguer-Karte mathematisch abgeleitet werden kann, ist der Horizontalgradient. Diese Größe beschreibt an jedem Rasterpunkt die größte horizontale Änderung der Schwere (Einheit: mGal/m). Die Bedeutung des Horizontalgradienten liegt darin, daß er relativ eng begrenzte Maxima über den Orten der größten Schwereänderung besitzt, die wiederum mit lateralen Dichteänderungen korrespondieren. Dort befinden sich häufig geologische Grenzen, z.B. tektonische Versätze oder die Flanken von Strukturen.

Abb. 12 zeigt die Karte des Horizontalgradienten, der aus der gemessenen Bouguer-Karte berechnet wurde. Besonders deutlich hebt sich der Tüttensee ab, wobei das ringartige Maximum im wesentlichen die Berandung der Wasserfüllung mit den größten Dichtekontrasten markiert. In der Karte des Horizontalgradienten lassen sich auch sehr gut die Flanken und die Achse der Grabenstätt-Rinne ausweisen, und es wird klar, daß der nördliche Teil der Tüttensee-Anomalie besonders stark von der Rinnenanomalie beeinflußt wird.

5.3 Das Tüttensee-Restfeld und Modellrechnung

Tüttensee Meteoritenkrater Gravimetrie Modellierung ProfilAbb. 13. Das Tüttensee-Restfeld und Profilentnahme für Modellrechnung.

Abb. 13 zeigt noch einmal das durch Abzug eines Regionalfeldes gewonnene Restfeld für den Tüttensee mit einer zentralen negativen Anomalie, die von einem nicht ganz geschlossenen Ring relativ positiver Anomalien umgeben wird. Die Öffnung des Ringes liegt im Norden, wo sich auch – etwas exzentrisch – das absolute Schwereminimum befindet. Wieweit das ein Einfluß der Grabenstätt-Rinne ist oder eine Unsymmetrie des Tüttensee-Kraters ausdrückt, muß vorerst offenbleiben. Ein Zusammenhang mit der postulierten flachen Impaktbahn aus Nordosten (Rappenglück et al. 2004) ist vorstellbar.

In Abb. 13 ist zudem ein Schwereprofil gezeichnet, das etwa durch die Mitte des Tüttensees verläuft und das die Grundlage für eine Modellrechnung ist. Dabei wurde bewußt ein Verlauf ausgewählt, der Extreme des Isogammenverlaufs ausschließt.

Tüttensee Meteoritenkrater Gravimetrie DichtemodellAbb. 14. Aus dem Schwereprofil abgeleitetes Dichtemodell für den Tüttensee-Krater. Der Schnitt ist nicht überhöht dargestellt. Man beachte die Linse erhöhter Dichte (rot).

Die Modellierung des Profils erfolgte mit einem Programm für 2.5D-Strukturen. Eine übermäßig genaue Anpassung wurde nicht angestrebt (was bei einigem Fleiß möglich gewesen wäre), stattdessen versucht, generelle Aspekte zu vermitteln. Danach besteht das (nicht überhöht dargestellt) Modell aus dem See (Dichte 1,0 g/cm³) mit einer Tiefe zwischen 20 und gut 30 m, der eingebettet ist in eine „Schale“ aus Material sehr geringer Dichte (1,5 g/cm³). Den randlichen, relativ positiven Anomalien wird Rechnung getragen durch eine ausgedehnte flache Linse (Durchmesser etwa 1000 m) erhöhter Dichte (1,82 g/cm), die unter dem See hindurchzieht. Es wird angenommen, daß sich diese Dichtekörper beim Impakt gebildet haben, der in ein umgebendes Material der Dichte 1,7 g/cm³ erfolgte.

Es wird ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht, daß dieses Modell bezüglich der Dichten und Geometrien nicht unerheblich variiert werden kann, ohne daß sich die Güte der Anpassung verschlechtert. Insbesondere korrespondiert eine ungenaue Kenntnis der Dichten mit einer ungenauen Geometrie des Modells. Nicht in Frage gestellt werden kann die Existenz eines den Tüttensee umgebenden Körpers, in dem sich offensichtlich während des Impaktes die Dichte erhöht hat. Mit dem sichtbaren Ringwall hat diese Dichteerhöhung nichts zu tun.

6 Diskussion der Ergebnisse 

Als Ergebnis der Gravimetrie-Kampagne im Bereich des Tüttensees östlich von Grabenstätt ist die erwartete negative Schwereanomalie über dem Tüttensee zu nennen. Sie überschneidet sich mit einer ausgeprägten langgestreckten negativen Anomalie, die einer tief eingeschnittenen rinnenartigen Struktur zugeschrieben wird – was nicht unbedingt zu erwarten war. Nicht zu erwarten war der Nachweis einer grob ringförmigen Anomalie relativ positiver Schwerewerte um den Tüttensee herum.

Gemäß der Ausgangssituation wird die deutliche negative Anomalie über dem Tüttensee mit dem größten negativen Wert bei -0,8 mGal vor allem der Wasserfüllung mit der geringen Dichte zugeschrieben. Aber es zeigt sich, daß – abweichend von der Ausgangssituation – eine Bestimmung der Wassertiefe aus der Schwereanomalie problematisch ist. Geht man von der eingangs zitierten amtlichen Wassertiefe von im Mittel 14 m und maximal 17 m aus, so verlangt eine einfache Modellierung der maximal erreichten -0,8 mGal eine Dichte von 2,25 g/cm³ (Dichtedifferenz zum Wasser = 1,25 g/cm³) für das den Tüttensee einbettende Gestein (Abb. 15, oben). Ein Wert von 2,25 g/cm³ ist aber für die quartären Lockergesteine der Umrahmung ein kaum realistischer Dichtewert, insbesondere hinsichtlich der Modellierung der sehr geringen Dichten der Grabenstätt-Rinne, in deren Flanke der Tüttensee liegt. Also müßte die Tiefe deutlich größer gemacht werden, um bei merklich verringerter Gesteinsdichte -0,8 mGal Amplitude zu erreichen.

Tüttensee Meteoritenkrater Gravimetrie Modellierung Wasserkörper

Meteoritenkrater Gravimetrie Modellierung Wasserkörper 2Abb. 15. Einfache Modellierung des Tüttensee-Wasserkörpers bei stark unterschiedlichen Wassertiefen.

Geht man andererseits von einer Wassertiefe von 70 m aus (Abb. 15, unten), wie sie angeblich von Tauchern gelotet wurde (Unterlagen darüber liegen nicht vor), so verlangt die Modellierung eine Dichte von ca. 1,35 g/cm³ für das Gestein – ein eher noch weniger realistischer Wert. Damit wird ein Dilemma sichtbar: Solange die Dichten des einbettenden Gesteins nicht bekannt sind, ist eine zutreffende Modellierung des Wasserkörpers nicht möglich. Diese Eigenschaft der Gravimetrie war natürlich vor Beginn der Messungen bekannt, nicht jedoch die Existenz der Grabenstätt-Rinne mit Material offenbar äußerst geringer, aber letztlich unbestimmter Dichte. Zu den komplexen Dichteverhältnissen trägt auch noch die völlig unerwartete Dichteerhöhung in der Umrahmung des Tüttensees bei. Die Konsequenz ist, daß bei den möglichen großen Dichtevariationen die Tiefe des Tüttensees nach wie vor unbestimmt bleibt. Im Modell der Abb. 14 schwankt die Seetiefe zwischen etwa 20 m und gut 30 m, wobei für den großen Dichterahmen ein Wert von 1,7 g/cm³ angenommen wurde. 20 – 30 m scheinen sogar nicht unrealistisch zu sein, wenn die Differenz zu den amtlichen Werten mit einer mächtigen Schicht aus organischem Material korrespondiert.

Um die Seetiefe auch nicht zu groß werden zu lassen, wurde im Modell die Schicht am Boden und am Rand des Sees mit einer Dichte von 1,5 g/cm³ eingefügt (Abb. 14). Ob eine solche Lage existiert, ist ungewiß, aber sie würde sich mit stark aufgelockertem, beim Impakt zertrümmertem und vor allem am Boden zusammengeflossenem Material vertragen.

Zunächst verblüffend erweist sich der beachtlich lateral ausgedehnte Körper erhöhter Dichte, der wegen des Kranzes relativ positiver Schwereanomalien angenommen werden muß und der im Modell unter dem Tüttensee hindurchzieht. Solche peripheren positiven Schwereanomalien sind von Impaktstrukturen nicht bekannt. Das ist verständlich, da auch außerhalb des strukturellen Kraters durch die Stoßwellen, die Entlastungswellen und divergierende Nachströmbewegungen das Gestein aufgelockert wird. Relativ positive Schwerenanomalien findet man in sehr großen Impaktkratern dann, wenn in der Modifikationsphase (Melosh 1989) bei der elastischen Rückfederung und beim Kollaps des transienten Kraters im Inneren dichte Gesteine aus der Tiefe angehoben werden.

Für die positiven Anomalien am Tüttensee muß eine andere Erklärung herangezogen werden, und es bietet sich ein Modell an, das sich an Vorgänge bei starken Erdbeben anlehnt: Bodenverflüssigung (engl. liquefaction) und Verdichtung (post-liquefaction densification). Bodenverflüssigung kann bei Erdbeben zu enormen Veränderungen der Erdoberfläche mit großen Schäden führen. Sie tritt auf, wenn in wassergesättigten Lockersedimenten durch einen Erdbebenschock der Poreninnendruck überschritten wird, was zu einem Zusammenbruch des Gerüstes, vollständigem Verlust der Festigkeit und zu einer Verflüssigung des Gesteins führen kann ([1]). Im Gefolge dieses Zusammenbruchs und der Verflüssigung kann das Porenwasser in großem Stil hinausgetrieben werden, was zu einer Verdichtung mit beachtlichen Volumenverringerungen führt (Lee & Albaisa 1974, Tokimatsu & Seed 1987, Montgomery et al. 2003, und andere). Bodenabsenkungen im Meterbereich nach Erdbeben als Folge dieser Verdichtung sind nicht ungewöhnlich.

Ähnliche Vorgänge mit vielleicht sogar weitaus größeren Auswirkungen müssen sich beim Impakt mit der Entstehung des Tüttensee-Kraters abgespielt haben. Die postulierte gigantische Explosion des Kometen mit der Bildung von 100 oder mehr Kratern – einschließlich des Tüttensees – in der Impakt-Streuellipse (Rappenglück et al. 2004) dürfte an die Auswirkungen schwerster Erdbeben heranreichen. Und auch die zweite Vorraussetzung scheint erfüllt: Ein sehr lockeres, wassergesättigtes Gestein hoher Porosität dürfte zur Zeit des Impaktes im Bereich des heutigen Tüttensees angestanden haben, möglicherweise sogar unter Wasserbedeckung in einem Ausläufer des Chiemsees (CIRT 2005). Wenn die in der Modellierung der Grabenstätt-Rinne gewählten Dichten von 1,7 und 1,5 g/cm zutreffen, dann entspricht das bei Wassersättigung Porositäten von ca. 50 % bis 65 % (Matrixdichte 2,5 g/cm³) mit entsprechend großen Wassermengen im Gestein. Das müssen beste Vorraussetzungen für eine extreme Schockverflüssigung gewesen sein, vermutlich weit über den entstehenden Tüttensee hinaus.

Im Modell für den Tüttensee wurde angenommen, daß die Dichteerhöhung 0,12 g/cm³ (von 1,7 auf 1,82 g/cm³) beträgt. Im Modell der Bodenverdichtung nach vorangegangener Bodenverflüssigung berechnet sich aus dieser Dichtezunahme eine Volumenverringerung von etwa 8 %. Dem entspricht eine Kompaktion einer 10 m mächtigen Schicht um 80 cm, was im Hinblick auf beobachtete Kompaktionen bei Erdbeben größenordnungsmäßig plausibel erscheint. Das gilt umso mehr, als bei einem Erdbeben nur das Gesteinsgerüst zusammenbricht und Wasser herausgedrückt wird. Ein Impakt mit energiereichen Massenbewegungen in der Nachströmung hinter der Schockwelle sollte dagegen noch weitaus wirksamer hinsichtlich der Kompaktion eines wassergesättigten Gesteins mit hoher Porosität sein.

7 Schlußfolgerungen

Die Schweremessungen im Bereich des Tüttensees haben gezeigt, daß das ursprüngliche Hauptziel, die Tiefe des Kraters über die Modellierung des Wasserkörpers abzuschätzen, nicht erreicht wurde. Als Grund sind die in diesem Maße nicht vorausgesehenen verwickelten Dichteverhältnisse im umgebenden Gesteinsrahmen anzusehen. Immerhin legen die Messungen nahe, daß die amtlichen Tiefenangaben als zu gering erscheinen (was mit einer festen organischen Schicht am Seeboden erklärt werden kann) und Werte einer angeblichen Lotung sehr wahrscheinlich viel zu groß sind. Aufgewogen wird dieses eher negative Ergebnis durch den überraschenden Befund eines den See umgebenden (und unterlagernden?) Körpers erhöhter Dichte. Ein sehr stimmiges Modell sieht darin die Auswirkung des Impakt-Schocks mit einer Gesteinsverdichtung im Gefolge einer Bodenverflüssigung und zusätzlicher Kompaktion durch die Nachströmbewegung hinter der vom Einschlag ausgehenden Schockfront. Damit wird die Hypothese eines Tüttensee-Impaktes mit Befunden aus einer ganz anderen Richtung weiter erhärtet.

Sollte das Modell Gültigkeit haben, wären im Rahmen der Impaktforschung detailliertere Untersuchungen zum Impaktgeschehen eine lohnenswerte Aufgabe, weil vergleichbare Situationen bisher nicht erkannt und untersucht worden sind. In dem Zusammenhang bleibt es wünschenswert, die Vielfalt der möglichen Dichtemodelle einzuschränken, was zunächst durch eine Verdichtung der Meßpunkte in einigen merklichen Lücken zu erzielen wäre. Eine weitere Einschränkung würde die tatsächliche Kenntnis über die exakte Tiefe des Tüttensees bedeuten, was vermutlich nur durch den Einsatz einer energiereicheren Seismik oder Bohrungen zu verwirklichen wäre.

In einer früheren Diskussion (CIRT 2005) über die Toteisgenese des Tüttensees wurde versucht, den Verfechtern dieser Hypothese klar zu machen, daß die komplexe Morphologie des Tüttensee-Kraters auf den Einschlag eines mehrfach zerbrochenen und möglicherweise zuvor explodierten Projektils zurückgeführt werden könne, wobei die Eigenart eines Kometeneinschlages besonders zu diskutieren sei. Morphologische und sedimentäre Verhältnisse um den Tüttensee erhielten vermutlich ein besonderes Gepräge durch den Einschlag in das Flachwasser des damals größeren Chiemsee sowie durch vermutete weitere Einschläge ins Wasser mit den enormen Auswirkungen starker Flutwellen. Mit der Annahme zusätzlicher ausgedehnter Gesteinsverflüssigungen und Kompaktionen in den quartären Sedimenten sind weitere komplexe Konstellationen in der Tüttensee-Geologie zu erwarten, die nicht allein mit der Anlage kleiner Schürfe erfaßt werden können.

Danksagung

Den folgenden Personen und Institutionen wird für die Unterstützung der Gravimetriekampagne gedankt: Werner Mayer mit der Gruppe der Heimatforscher, der Wasserwacht Chieming, den Gemeinden Grabenstätt und Vachendorf, dem Institut für Geologie der Universität Würzburg, Kreisheimatpfleger Dr. Soika, Privatdozent Dr. U. Schüssler, T. Ernstson.

Literatur

[1] http://www.ce.washington.edu/~liquefaction/html/main.html

CIRT, Chiemgau Impact Research Team (2004): Did the Celts see a cometary impact 200 B.C.? http://www.astronomy.com/asy/default.aspx?c=a&id=2519

CIRT, Chiemgau Impact Research Team (2005): Kommentar zu: Der Tüttensee im Chiemgau – Toteiskessel statt Impaktkrater, von Gerhard Doppler und Erwin Geiss (Bayerisches Geologisches Landesamt). http://www.chiemgau-impact.com/kommentar.html.

Doppler, G. & Geiss, E. (2005): Der Tüttensee im Chiemgau – Toteiskessel statt Impaktkrater. http://www.geologie2.bayern.de/app/media/user-files/1118154325830_tuettensee.pdf.

Lee, K.L., and A. Albaisa. (1974): Earthquake induced settlements in saturated sands. – J. Geotech. Eng. Div., ASCE, 100(4), 387-406.

Melosh, H.J. (1989): Impact cratering. A geologic process. Oxford Univ. Press, Oxford, 245 pp.

Montgomery, D.R., Greenberg, H.M., and Daniel T. Smith, D.T. (2003): Streamflow response to the Nisqually earthquake. – Earth Planet. Sci. Let., 209, 19-28.

Rappenglück et al. (2004): The Chiemgau impact event in the Celtic Period: evidence of a crater strewnfield and a cometary impactor containing presolar matter. http://www.chiemgau-impact.com/.

Schüssler et al. (2005): Das Impakt-Kraterstreufeld im Chiemgau. – Eur. J. Mineral. 17, Beih. 1: 124.

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Geophysik (ursprünglicher Beitrag)

Erste Magnetfeldmessungen (Fehr et al. 2002) im Bereich kleinerer Krater ergaben schwache Anomalien, die aber nicht mit definierten magnetischen Störkörpern in Verbindung gebracht werden konnten. Inzwischen liegen weitere Magnetfeldmessungen im Bereich eines exemplarisch untersuchten Kraters mit einem Durchmesser von 11 m vor (Hoffmann et al. 2005). Danach ist die magnetische Suszeptibilität des Wallmaterials signifikant höher als die der Gesteine der Umgebung. Die Kartierung starker magnetischer, dipolähnlicher Anomalien paßt gut zu eigenen Befunden: Außerhalb der Krater finden wir auffallend viele stark magnetische Gerölle ganz unterschiedlicher Lithologie. Die hohe, vorwiegend remanente Magnetisierung erscheint ungewöhnlich im Vergleich mit typisch magnetischen Gesteinen aus den Alpen (z.B. Amphibolite, Serpentinite). Deshalb erwägen wir, daß diese Gesteine ihre Magnetisierung als eine thermoremanente Magnetisierung im Kontakt mit der überhitzten Impakt-Explosionswolke erhalten haben. Genauere Untersuchungen sind vorgesehen.

Großflächige bodenmagnetische Suszeptibilitätsmessungen in der Region um Burghausen in den sog. 1000jährigen Wäldern (Hoffmann et al. 2004) haben ebenfalls deutlich erhöhte Suszeptibilitäten ergeben. Ein Zusammenhang dieser anomalen Werte (mit einem Maximum in der Tiefe und nicht an der Oberfläche) mit industriellen Prozessen oder geologischer Anlieferung wird ausgeschlossen (Hoffmann et al. 2004). Aus unserer Sicht deutet vieles darauf hin, daß diese Suszeptibilitätsanomalie mit den weit verbreiteten Funden der magnetischen Eisensilizidphasen Gupeiit und Xifengit im ungestörten Boden zusammenhängt und als eine Folge des Impaktes anzusehen ist.

Genauer untersucht werden muß auch ein Krater von ca. 20 m Durchmesser, bei dem impuls-elektromagnetische Sondierungen Hinweise auf metallische Objekte in der Tiefe im Zentrum der Struktur geben, wobei verständlicherweise triviale Ursachen (menschliche Hinterlassenschaften) in Frage kommen.

Abb. 1. Instrument für Schwerkraftmessungen (Gravimeter).

Ein vorerst abgeschlossenes geophysikalisches Projekt betrifft eine Kampagne von Schwerkraftmessungen (Gravimetrie, Abb.1) auf dem zugefrorenen Tüttensee und in seiner Umgebung mit einem bemerkenswerten Resultat, das die alte Annahme einer Toteisentstehung weiter unwahrscheinlich werden läßt. Den vollständigen Artikel über die Kampagne und die Ergebnisse findet man HIER.