GAREIS UND GARAUS: TÜTTENSEE UND TOTEIS – ANALYSE EINER BEARBEITUNG AUS HEUTIGER SICHT (CIRT, OKTOBER 2010)

tüttensee Meteoritenkrater schräg google earth Quelle Google Earth

Der Tüttensee bei Grabenstätt: Keinerlei Hinweise und Beweise für einen Toteisursprung.

In jüngster Zeit ist von Gegnern des Chiemgau-Impaktes eine wissenschaftliche Abhandlung aus den siebziger Jahren (Gareis, J. [1978]: Die Toteisfluren des bayerischen Alpenvorlandes als Zeugnis für die Art des spätwürmzeitlichen Eisschwundes, Würzburger Geographische Arbeiten, Würzburg, 101 Seiten) bemüht worden, in der die Toteisgenese des Tüttensees angeblich nachgewiesen sei. So schreibt z.B. Dr. Robert Huber in seinem Chiemgau-Blog:

„…. hat Josef Gareis bereits im Jahr 1978 die Toteisgenese des Tüttensees mit geomorphologischen und sedimentologischen Untersuchungen nachgewiesen.“

In dieser Arbeit werden der Tüttensee und seine Umgebung auf knapp 2 Seiten (inkl. Fußnote) berücksichtigt, und nach dem dort gedruckten Text (wörtliche Zitate nachfolgend in kursiv) kann J. Gareis keineswegs als Kronzeuge für eine Glazialbildung der Tüttensee-Hohlform benannt werden. Eher das Gegenteil ist der Fall. Das wird nachfolgend belegt.

Der Autor beschreibt die vorhandene Struktur wie folgt:

Es entstand in Form einer 8 die doppelte Tüttensee-Ringterrasse.“. Weiter wird dazu im Text ausgeführt:: „Innerer Aufbau und Form der Terrasse, vor allem der Kantenverlauf sprechen gegen eine Entstehung durch glaziale … oder fluvioglaziale … Prozesse.

Welcher Prozess dann zur Bildung der sogenannten Ringterrasse geführt hat, wird nicht erklärt.

Nun zur Fußnote [man beachte: Fußnote!] in dieser Arbeit, in der der Autor näher auf den Tüttensee eingeht:

Die Hohlform des Tüttensees ist umgeben von einem ca. 50 m breiten Wall mit vollkommen ebener Krone.“

Leider gibt Gareis keine nähere Angabe, wie der Wall zustande kam und warum er eben ist. Nach derzeitiger Meinung gibt es Gründe, die ebene Oberfläche auf menschliches Wirken und/oder impaktbezogene Prozesse (z.B. Flutwellen-Erosion) zurückzuführen.

Zu den bekanntermaßen in historischer Zeit angelegten Lücken im Wall heißt es:

„Die einzige Abflußrinne, … ist an der Basis kaum 3 m breit, demnach erst im Holozän angelegt.“

Diese Annahme für den Durchbruch ist stimmig, aber nicht, weil natürliche Vorgänge diesen verursachten, sondern menschliche Eingriffe.

Zum Wall selbst schreibt der Autor:

Gegen eine Ablagerung von Moräne spricht das Substrat, das … am inneren Hang des Walles … erschlossen ist.

Welcher Art diese Ablagerung aber sein könnte, wird erst weiter unten erwähnt:

Die … anzutreffenden Gerölle sprechen für eine fluviatile Schüttung.“ und „Das völlige Fehlen von Feinmaterial spricht für eine intensive Durchspülung des Terrassenkörpers …“.

Diese Aussagen stehen in deutlichem Gegensatz zum Haupttext (siehe oben) und sind ohne Belege dargestellt. Aus Einmessungen von Geröllen in räumlicher Anordnung an zwei Stellen des Walls wird vom Autor eine Nordost-Südwest gerichtete Transportrichtung gefolgert.

In der Fußnote findet sich auch der bemerkenswerte Satz:

Der Böschungswinkel von stellenweise über 60° verbietet die glaziale Genese.

Auf das Objekt bzw. die Stellen wird aber nicht näher Bezug genommen. (Vielleicht ist es ein „Terrassen“abschnitt am Innenrand des Walls, der im vorhergehenden Satz angesprochen ist.)

Zusammenfassung:

Das oben genannte Zitat von R. Huber stellt eine falsche Behauptung auf. Die Ausführungen von Gareis zum Tüttensee und der Eiszeit eignen sich nicht, der Meteoritenkrater-Hypothese des CIRT den Garaus zu machen. Im Gegenteil:

Im gesamten den Tüttensee betreffenden Text von J. Gareis befindet sich keine Behauptung oder Beweisführung, dass die Hohlform jemals mit Eis gefüllt war. Der Autor ist offenbar aus gutem Grund mit dem Tüttensee sehr vorsichtig umgegangen (deshalb vielleicht die Hauptausführungen in einer Fußnote) – eine Klarstellung als Toteisloch oder -kessel ist nicht erfolgt. Warum, kann man auch hier nachlesen:

Manfred R. Martin: Zu den für die Eiszeitglaziologie wichtigen kleinen Hohlformen und zur Frage des Entstehens der Sölle; viademica.verlag, Berlin 2007.

Die Beobachtungen und Messungen des Autors am Tüttensee korrespondieren problemlos mit den Untersuchungen, die im Verlauf der Chiemgau-Impaktforschung vorgenommen wurden, und erklären, warum J. Gareis konkrete Beobachtungen als nicht vereinbar mit Glazial-Prozessen anführt, ohne allerdings eine andere Deutung dafür abzugeben.

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Und hier der empfehlenswerte Link zur Internetseite von Manfred R. Martin: Forschungen zur Eiszeitglaziologie!