Anlässlich des 25jährigen Jubiläums des Vereins Astronomie im Chiemgau hielt Dr. Michael Rappenglück am 20. November im Haus St. Rupert in Traunstein einen Vortrag zum Chiemgau-Kometen mit dem Titel „Kosmische Brocken und irdische Relikte“. Wie üblich nach solchen Vorträgen durften aus dem Publikum Fragen gestellt werden, unter denen die Frage eines Zuhörers bsonders auffiel, weil sie offenbare einmal wieder die längst bewiesene Entstehung des Tüttensee-Kraters durch den Chiemgau-Kometenenschlag (Geophysik, Gravimetrie, Bodenradar, Seismik-Sedimentecholot, Impakt-Katastrophenschichten mit beweiskräftigen Schock-Effekte der Mineralogie, Impaktschmelzgesteine und Impaktgläser, extreme Deformationen der alpinen Gesteine, extreme Säure- und Temperatur-Korrosionen) in Frage stellte bzw. als nicht möglich charakterisierte. Das bereits vor Jahren schon in die Diskussion eingebrachte Argument lautete wiederum: Bohrungen der Geologen z.B. vom LfU in der Verlandungszone des Sees haben datierbare Torf-Ablagerungen durchteuft, die den Impakt offensichtlich trotz der extremen Temperaturen eines Kometen-Einschlags überhaupt nicht bemerkt haben, z.B. durch Brandspuren oder Aschebildungen.
Hier zeigt sich einmal wieder, das selbst unter Geologen nach 20 Jahren Impakt-Forschungen zum Chiemgau-Impakt mit dem Tüttensee-Meteoritenkrater und mittlerweile unzähligen internationalen Publikationen nicht wirklich verstanden wird, was physikalisch und geologisch bei einem Impakt passiert, wie wir es heute in aller Deutlichkeit und und in allen Einzelheiten im Gelände und im Labor beobachten können.
In zahlreichen früheren Artikeln hier auf unseren Chiemgau-Impakt-Webseiten haben wir immer wieder auf die grundsätzliche Fehlbohrung des LfU hingwiesen, von der zunächst in einer Pressemitteilung des LfU (Dr. Eichhorn) die Falschbehauptung erhoben wurde, die Bohrung, die angeblich keinen Impakt habe nachweisen können, sei am Tüttensee-Kesselboden niedergebracht worden. Später „wanderte“ die LfU-Bohrung dann aus dem Krater heraus in die Verlandungszone zwischen dem mit der Geophysik präzise etablierten Kraterrand und dem Anstieg zum beim Impakt als Rest stehengebliebenen Ringwall (siehe folgendes Bild.)
Aus einer früheren Veröffentlichung zur völlig falsch platzierten Bohrung des LfU mit der völlig irreführenden Radiokarbon-Datierung der erbohrten Schichten einschließlich der hier auch zur Diskussion stehenden Torfschichten. auf die sich der Zuhörer beim Vortrag offenbar bezieht
Damit kommen wir zur Physik des Impaktes und zu den Temperaturen, die dabei entstehen und den Untergrund aufheizen, was in der Impaktforschung schon ziemlich lange gut untersucht und bekannt ist. Diese Temperaturen sind unmittelbar mit den extremen Schockdrücken verknüpft, die in Form der Schockfronten vom Kollisionspunkt an der Erdoberfläche etwa halbkugelförmig sich in den Untergrund ausbreiten und rasch an Stärke abnehmen. Die sich dabei in der Schockfront entlastenden Drücke sind untrennbar mit einem peakförmigen Temperaturanstieg verknüpft, der sich zusammen mit der Druckabnahme als Temperaturabnahme in den Untergrund nach unten und nach außen ausbreitet
Die dabei auftretenden Drücke und Temperaturen sind wohlbekannt und hängen natürlich auch von der Größe des Impaktes ab. Am Einschlagspunkt sind sie derart hoch, das etwa ein Volumen des getroffenen Untergrundes, das dem des einschlagenden Meteoriten entspricht, vollständig verdampft. Das sind Temperaturen von mehreren 1000°C, die auch das Projektil vollständig verdampfen lassen. Die Temperaturen nehmen dann rasch ab, sodass in einem flachen schüsselförmigen Bereich darunter das Gestein nur noch schmilzt.
Und dann wirkt nur noch der Schockdruck, der die folgenden Gesteine nur noch zertümmert, was letztlich dann den Auswurfvorgang mit Ringwall-Entstehung einleitet.
Die Druck- und Temperaturabnahme nach unten und außen kennen die Impaktforscher gut, die von einer exponentiellen Abnahme von im Mittel vielleicht der dritten Potenz ausgehen. Das heißt ganz grob, dass auf doppelte Entfernung Druck und Temperatur auf 1/8 abnehmen. Wird das vom Einschlag bis zum Kraterrand „durchdacht“ und extrapoliert, so stellt sich heraus, dass sich die Energie der sich ausbreitenden Schockwelle am Kraterrand so weit abgeschwächt hat, dass sie von dort nur noch die Energie einer normalen seismischen Schallwelle besitzt und sich als solche weiter ausbreitet. An dieser Stelle „merkt“ das Gestein natürlich überhaupt nichts mehr von einer Temperaturerhöhung durch den Impakt. Wir können von „Zimmertemperatur“ sprechen.
Das übertragen wir jetzt auf den Tüttensee-Impakt, die falsche Bohrung des LfU und die nicht erhitzten Torfschichten.
Computersimulationen ergeben, dass das Projektil, das den Tüttensee getroffen hat, vielleicht 30 m gr0ß gewesen ist. Das bedeutet, dass ein grob 30 m großes Volumen am Auftreffpunkt verdampft ist, was auch für den Meteoriten gilt. Reste des in die Atmosphäre entwichenen Dampfes finden wir heute vermutlich noch in Form kondensierter und abgeregneter Glas-, Metall- und Kohle-Spherulen sowie der Chiemit-Partikel. Unterhalb der 30 m verdampften Schicht haben sich dann die Impakt-Schmelzgesteine gebildet, die – ausgeworfen – heute noch vebreitet gefunden werden. Nehmen wir an, dass die Schmelztemperaturen größenordnungsmäßig 1000 °C betrugen, so dürften die dann nach unten folgenden nur noch zertrümmerten Gesteine nicht mehr besonders warm geworden sein. Am Kraterrand hat dann nur noch die seismische Schallwelle gewirkt mit Temperaturen vielleicht des heutigen Tüttensee-Wassers.
Das schematische Bild der heutigen Tüttensee-Kraterverhältnisse beantwortet schlüssig den Einwand des Zuhörers beim Vortrag. Blau beschreibt die Ausdehnung des Impakt-Kraters innerhalb des Sees und dort heute nur mit der Geophsik nachweisbar. Weiß gestrichelt etwa der Kamm des beim Impakt stehengebliebenen Ringwalls. Roter Pfeil: Etwa Lage der Bohrung des LfU mit der Radiokarbon-Datierung der normal geschichteten Seesedimente und der Torfschichten, die beim Impakt völlig kalt geblieben sind.