Die archäologische Ausgrabung Chieming-Stöttham, Archäologe Dr. Möslein und die Süddeutsche Zeitung (SZ)

Am 11.10.2008 hielt Dr. Stephan Möslein auf dem 9. Mitarbeitertreffen der Bodendenkmalpflege in Oberbayern, Veranstalter das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege (BLfD) und die Gesellschaft für Archäologie in Bayern e.V., in Ingolstadt einen Vortrag mit dem Titel

Archäologische Pionierarbeit in einer besonderen Fundlandschaft – Bemerkungen zu zwei Grabungen im Chiemgau.

Im Vortrag geht Dr. Möslein insbesondere auf seine Ausgrabung in Chieming-Stöttham ein, worüber uns eine Reihe von Zuhörern berichtet haben. Darüber hinaus greift ein Artikel der SZ diesen Vortrag im Zusammenhang mit dem Chiemgau-Impakt auf, der unter dem Titel

Den Kelten fiel der Himmel auf den Kopf …

… oder eben auch nicht: der Streit um den angeblichen Chiemgau-Impakt ist symptomatisch.

gedruckt wurde.

Zum Verständnis der Vorgänge erinnern wir:

Auf einem Baugrundstück in Chieming-Stöttham wird aufgrund früherer archäologischer Oberflächenfunde eine Ausgrabung auf mögliche Besiedlungsspuren angeordnet, die Dr. Möslein übertragen wird. Zuvor war Dr. Möslein durch das Chiemgau Impact Research Team (CIRT) bereits in die Untersuchung der archäologische Objekte führenden Impaktschichten am Tüttensee eingebunden. Kurz nach Beginn der Ausgrabung Stöttham stellt Werner Mayer vom CIRT fest, dass ein exotischer Gesteinshorizont in die archäologische Abfolge eingelagert ist, und rasch wird klar, dass es sich dabei allem Anschein nach um eine Impakt-Schicht des Chiemgau-Impaktes handelt. Die Bedeutung einer solchen, auf der Welt bisher einmaligen archäologisch-geologischen Stratigraphie wird gemeinsam (CIRT, Dr. Möslein) gewürdigt, woraus sich eine nahezu freundschaftliche Kooperation aus Archäologie, Erdwissenschaften und Impaktforschung anzubahnen scheint, was auch nicht dadurch getrübt wird, dass der Archäologe durch die selbst für Geologen fremde Welt einer Impaktschichtung sehr verwirrt ist, wie Dr. Möslein selbst immer wieder bekennt. Noch im Januar 2008 (25.1.) beim gemeinsamen Jahresvortrag des CIRT in Traunstein reiht sich Dr. Möslein bei den anderen Vortragenden (Dr. Rappenglück, B. Rappenglück, Dr. Sudhaus, Prof. Ernstson) mit seinem archäologischen Beitrag zur Impaktschicht innerhalb der stratigraphischen Abfolge der Ausgrabung Stöttham ein.

Der dann im Laufe des Jahres 2008 einsetzende Bruch ist schwer nachvollziehbar und soll hier auch nicht weiter erörtert werden. Wir wollen nur festhalten, dass nach Berichten von Zuhörern von Dr. Mösleins Vortrag in Ingolstadt dieser kein gutes Haar am CIRT lässt, worauf auch der Artikel der SZ schließen lässt. Aufschlussreich ist die von der SZ zitierte Aussage Dr. Mösleins, dass sich die angeblich vom Einschlag stammende Kiesschicht angesichts der in ihr gemachten Funde nicht erst in der Zeit der Kelten entstanden sein könne. Das ist die charakteristische, in der Archäologie weit verbreitete Ansicht, dass eine Schicht so alt ist wie die in ihr gemachten Funde – Ausdruck eines fehlenden Verständnisses für geologische Vorgänge. Wenn wir Dr. Möslein beim Wort nehmen, dann müssten die in der Schicht gefundenen alpinen Gesteine diese Schicht hundert Millionen Jahre oder älter machen. Um es noch deutlicher zu machen: Nur die jüngst datierbaren, in die Schicht eingearbeiteten Funde (über die wir in Kürze berichten werden) lassen eine Zeitstellung terminus post quem zu.

Und auch die Verwendung des Begriffes „Kiesschicht“ für die Stötthamer Impaktbrekzien-Ablagerung mit Ihren Gesteinszertrümmerungen, Hochtemperatur-Merkmalen und Schockeffekten macht deutlich, dass Dr. Möslein sich mit der Geologie schwer tut. Wir meinen, dass eine Fortführung der ursprünglich sehr guten Zusammenarbeit mit den Geologen und Bodenkundlern des CIRT auch seiner archäologischen Ausgrabung gut getan hätte.

In diesen Fall hätten auch die in der SZ angeführten bzw. zitierten Kommentare von Toni Drexler (Archäologe Landkreis Fürstenfeldbruck) und Dr. Hubert Fehr (BLfD) anders ausfallen können. Sie beklagen, dass die Archäologie ein Problem damit habe, ihre Erkenntnisse verständlich oder gar publikumswirksam aufzubereiten, was dazu führe, Tür und Tor für spektakuläre, oft nicht seriöse Theorien zu öffnen. Und: Ein Akzeptanzproblem entstehe, wenn die Erfolge der Archäologie nicht dargestellt werden können, verbunden mit der Gefahr, dass die Archäologie nur noch als Einrichtung zur reibungslosen Entsorgung von Altlasten wahrgenommen wird. Das und genau das spiegelt die archäologische Ausgrabung Stöttham wider. Anstatt den Chiemgau-Impakt fortwährend als Unfug (Text SZ) und nicht seriöse Theorie hinzustellen (in diese Richtung zielt ja wohl T. Drexler), hätte die bayerische Archäologie die wirklich großartige Möglichkeit gehabt, bei der Ausgrabung Stöttham einmalige archäologische Befunde und Erkenntnisse verständlich und vor allem in hohem Maße publikumswirksam darzustellen. Durch ihr Beharren auf der „Oberhoheit über den Boden“ (Zitat Dr. Rappenglück in der SZ) und das Verweigern einer Diskussion mit der Fachwissenschaft aus Geowissenschaft und Impaktforschung wurde eine Riesenchance vertan.