Meteoriteneinschlag bei Nördlingen in Spiegel Online – gar nicht so rätselhaft

Meteoriteneinschlag bei Nördlingen – Geologen ergründen Europas Urkatastrophe.

Das meiste, was der Spiegel da an aufregenden Dingen berichtet, ist seit langer Zeit bekannt. Und gar nicht so rätselhaft, wie im Artikel suggeriert, waren bzw. sind die Beobachtungen zu den geringen Schmelzmengen und zum fehlenden Zentralberg. Die fehlenden Schmelzmengen bei Meteoritenkratern in Untergrundgesteinen aus Sedimenten und gemischt Sedimenten/Kristallingesteinen wurden schon vor 30 Jahren festgestellt und erörtert. In der Arbeit von Kieffer, S. & Simonds, C.S. (1980): The role of volatiles and lithology in the impact cratering process. – Review of Geophysics and Space Physics, 18, 143-181 wird dieses bemerkenswerte Fehlen bereits so erklärt, dass die Schmelzmengen beim Einschlag durchaus produziert, aber durch die riesigen freiwerdenden Gasmengen von vor allem Wasserdampf aus dem Grundwasser und Kohlendioxid aus den geschockten Kalkgesteinen fein dispergiert und in alle Himmelsrichtungen geblasen werden.

Auch der fehlende Zentralberg beim Rieskrater ist längst diskutiert und erklärt worden und im Vergleich mit anderen Kratern nichts Besonderes. Man unterscheidet bei Meteoritenkratern zwischen einfachen, schüsselformigen Strukturen sowie komplexen Strukturen mit einem Zentralberg (wie das Steinheimer Becken) oder Ringsystemen (wie eben das Nördlinger Ries). Das ist eine Frage der Kratergröße und wird mit der Wirkung vor allem der Schwerkraft  beim Kollaps der Kraterhohlform (Modifikationsphase) nach der Auskesselung (Exkavationsphase) erklärt (http://www.impaktstrukturen.de/understanding-the-impact-cratering-process/). Der innere Ring beim Ries ist immer bekannt gewesen, und nach geophysikalischen Messungen der Seismik, Gravimetrie, Geomagnetik und Geoelektrik (http://www.impaktstrukturen.de/geophysik-von-impaktstrukturen/geoelektrik/ , Fig. 7) scheint sich innerhalb des inneren Ringes mit etwa 10 km Durchmesser noch ein „innerster Ring“ mit grob 5 km Durchmesser gebildet zu haben. Der könnte gut ein Äquivalent zum nur scheinbar fehlenden Zentralberg sein. Experten – wie im Spiegel zu lesen – sollten da nicht irritiert sein.

ries innermost ring

Geophysikalische Messungen der Seismik, Gravimetrie, Geomagnetik und Geoelektrik mit dem Befund eines innersten Ringwalls, der für den vermissten Zentralberg stehen könnte.

(Nach Ernstson, K.: The structure of the Ries crater from geoelectric depth soundings. – J. Geophys., 40, 639-659, 1974)