Vier Beiträge zum Chiemgau-Impakt auf der diesjährigen Tagung der Meteoritical Society, Edmonton, Kanada

Die jährliche Tagung der renommierten US-amerikanischen wissenschaftlichen Gesellschaft  „Meteoritical Society“, der auch die CIRT-Forscher Andreas Neumair und Kord Ernstson angehören, fand in der Zeit vom 29. Juli bis zum 2. August diesmal im kanadischen Edmonton statt.

meteoritical society meeting 2013 edmonton

Vier Beiträge, die sich mit dem Chiemgau-Impakt beschäftigen, können hier jeweils als Zusammenfassung (englische Abstracts) und als großformatiges Poster heruntergeladen werden. Zudem werden die Abstracts auch in der nächsten Ausgabe der Zeitschrift „Meteoritics & Planetary Science, Volume 48“ gedruckt erscheinen.

Zu jedem der Beiträge folgen hier die Angaben zu den Autoren, die Titel sowie eine kurze Beschreibung der wesentlichen Resultate.

Rappenglück, M.A., Bauer, F. Hiltl, M., Neumair, A., K. Ernstson, K. (2013): Calcium-Aluminium-rich Inclusions (CAIs) in iron silicide matter (Xifengite, Gupeiite, Hapkeite): evidence of a cosmic origin – 76th Annual Meteoritical Society Meeting, Meteoritics & Planetary Science, Volume 48, Issue s1, Abstract #5055.

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CAIs, Calcium-Aluminium-reiche Einschlüsse, sind eine mineralogisch und chemisch variierende Gruppe von Strukturen, die hauptsächlich von der Meteoritenklasse der kohligen Chondrite bekannt sind. CAIs konnten nunmehr in den Eisensiliziden aus dem Chiemgau-Kraterstreufeld nachgewiesen werden, wo sie zusammen mit Xifengit, Gupeiit, Hapkeit, Fersilicit und Ferdisilicit sowie den Karbid-Mineralen Moissanit und Khamrabaevit auftreten. Besonders signifikant in den Eisensilizid-Proben ist die innige Vergesellschaftung einer CAI-Hochdruckmodifikation mit einer CAI-Niedrigdruckmodifikation, was eine komplexe Entstehungsgeschichte der Chiemgau-Eisensilizide vermittelt und ihre kosmische Herkunft untermauert.

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Bauer, F. Hiltl, M., Rappenglück, M.A., Neumair, A., K. Ernstson, K. (2013): Fe2Si (Hapkeite) from the subsoil in the alpine foreland (Southeast Germany): is it associated with an impact? – 76th Annual Meteoritical Society Meeting, Meteoritics & Planetary Science, Volume 48, Issue s1, Abstract #5056.

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Hapkeit ist ein auf der Erde extrem seltenes Mineral aus der Gruppe der Eisensilizide. Neben den seit längerem bekannten Eisensiliziden Xifengit, Gupeiit und Fersilicit konnte nunmehr neben dem Ferdisilicit auch der Hapkeit in den Proben aus dem Chiemgauer Meteoritenkrater-Streufeld nachgewiesen werden. Vor einigen Jahren erregte der erste Fund von Hapkeit auf der Erde Aufsehen, nachdem man das Mineral im Mondmeteoriten Dhofar 280 nachgewiesen hatte. Interessant an dem Chiemgauer Hapkeit-Fund ist, dass es sich um die kristallographische trigonale Modifikation handelt, die sich zum kubischen Hapkeit des Mondmeteoriten gesellt. Im Zuge der sehr umfangreichen und tiefschürfenden Analysen des Chiemgauer Eisensilizidmaterials mit allen Möglichkeiten, die die Elektronenmikroskopie heute bietet, konnten auch ganz verschiedene Hinweise auf Schockereignisse gefunden werden, denen die Eisensilizide vermutlich ausgesetzt waren. Diese neuen Belege festigen einmal mehr die frühe Vorstellung der Chiemgauer Heimatforscher und Entdecker des Impakt-Phänomens, dass die Eisensilizide eine kosmische Herkunft haben.

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Neumair, A., Ernstson, K. (2013): Peculiar Holocene soil layers: evidence of possible distal ejecta deposits in the Chiemgau region, Southeast Germany – 76th Annual Meteoritical Society Meeting, Meteoritics & Planetary Science, Volume 48, Issue s1, Abstract  #5057.

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In der Chiemgau-Region ist wiederholt von Einheimischen, vor allem im Zusammenhang mit Kanal- und Drainagearbeiten sowie Fundamentgründungen, über einen eigenartigen „zweiten Bodenhorizont“ dunkler bis schwarzer Farbe in ganz grob Halbmeter-Tiefe berichtet worden. Im Zuge der Impaktforschung ist dieser Horizont, der in den geologischen Kartierungen und Beschreibungen der Region nicht vorkommt, wiederholt angetroffen sowie geologisch und geophysikalisch untersucht worden. Der Beitrag zur Tagung berichtet nunmehr über eine gezielt angesetzte Analyse des Materials aus dem Horizont bei Eglsee, das in dieser Konsistenz, mineralogisch-chemischen Zusammensetzung und dem Gehalt an eigenartigen Komponenten sonst unbekannt ist. Ein Vergleich mit ähnlichen Horizonten an anderen Stellen auf der Erde kommt zum Schluss, dass es sich bei der „schwarzen Schicht“ mit deutlich erhöhter magnetischer Suszeptibilität um eine Ablagerung aus etwas weiter transportierten Impakt-Auswurfmassen (Ejekta) handelt, die hier der Bildung größerer Krater des Chiemgau-Impaktes (Tüttensee-Krater, Chiemsee-Doppelkrater) zugeschrieben werden.

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Ernstson, K., Müller, W., Neumair, A. (2013): The proposed Nalbach (Saarland, Germany) impact site: is it a companion to the Chiemgau (Southeast Bavaria, Germany) impact strewn field? – 76th Annual Meteoritical Society Meeting, Meteoritics & Planetary Science, Volume 48, Issue s1, Abstract #5058

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Über die bemerkenswerten Funde und Befunde zu einem vermuteten Meteoriteneinschlag im Saarland und Ähnlichkeiten mit dem Chiemgau-Impakt ist auf dieser Chiemgau-Webseite bereits berichtet worden. Der Beitrag zur Tagung in Edmonton fasst nunmehr die verblüffenden Parallelen bei den Gesteinen und Gläsern umfassender zusammen und präsentiert sie so der internationalen wissenschaftlichen Gemeinde. Die Übereinstimmungen bis ins Detail einschließlich der jung zu datierenden Fundsituationen lassen die Vermutung zu, dass beide Ereignisse, so denn der Nalbach-Impakt zweifelsfrei feststeht, zeitgleich stattfanden und dass man in diesem Fall von einem ungeheuer großen Wirkungsbereich eines Impaktes mit mindestens 500 km Ausdehnung ausgehen muss.

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