Bereits in der Frühzeit der Erforschung des Chiemgau-Kraterstreufeldes zu Beginn des neuen Jahrtausends wurde bei einer Befliegung eine perfekt halbkreisrunde Struktur entdeckt, die wie in die Talböschung des Inns bei Marktl hineingestanzt erschien. Geologische Erforschung am Grund und Probennamen belegten rasch den Einschlagcharakter dieses gut 50 m messenden Kraters, der als Nr. 24 in die seinerzeit von den Heimatforschern akribisch geführte Kraterliste des Chiemgau-Impaktes Eingang fand. Die halbkreisförmige Struktur war leicht mit der Erosionstätigkeit durch Hochwässer im Tal des Inns erklärt.
Abb. 1. Halbkrater Aiching in der Inntal-Böschung gegenüber Marktl (UTM Koordinaten 338863, 5346952).
Weder in den topographischen Karten verzeichnet und bald mit einem großen Stall zugestellt, geriet er ein wenig in Vergessenheit und wurde erst in jüngster Zeit dem Auge in voller Pracht durch das digitale Geländemodell DGM 1 zugänglich gemacht (Abb. 1).
Während die Inn-Erosion in der Vergangenheit einen sehr groben Anschnitt des Kraters freigelegt hat, hat kürzlich der Mensch, sicherlich ungewollt, mit einer Kies-Entnahme einen exemplarisch fantastischen Schnitt durch den Kraterrand mit Ringwall geschaffen (Abb. 2, Abb. 3).
Abb. 2. Der neu geschaffene Aufschluss im nordwestlichen Teil des Ringwalls.
Abb. 3. Der Kraterrand im Detail mit einer Struktur aus einer Kombination vom Typ Barringer-Krater und vom Typ Odessa-Krater. Ausführlicheres wird in einem vorgesehenen Artikel zu lesen und zu schauen sein.
Da zu vermuten ist, dass weitere Kiesentnahme stattfinden wird, können die jetzigen Aufschlussverhältnisse weiter bewahrt aber auch völlig zerstört werden. Um dem Leser die Gelegenheit zu geben, sich dieses schöne Lehrbuch-Beispiel der Impakt-Kraterbildung in der Natur anzuschauen, wollen wir es wie beim mittlerweile weitgehend zerstörten Kiesgruben-Aufschluss bei Eglsee mit den wunderbaren Tsunami-Ablagerungen der kreuzgeschichteten Diamiktite halten. Damals schrieben wir in einer Vorab-Veröffentlichung auf dieser Internet-Seite: „Dass dieser Aufsatz in kurzer Form hier und jetzt im Internet publiziert wird, hat vor allem den Grund, dass sehr unsicher ist, wie lange der Aufschluss in seiner jetzigen, geologisch ungemein lehrreichen Form dem weiteren Kiesabbau widersteht. Das Abwarten auf eine vorgesehene Veröffentlichung in einer Peer-review-Zeitschrift kann dazu führen, dass das Objekt zu der Zeit gar nicht mehr existiert, und es wird interessierten Geowissenschaftlern, vor allem lokalen und regionalen Glazial-Geologen ans Herz gelegt, sich selbst ein Bild von diesem ungewöhnlichen geologischen Szenario zu machen.“
Dem ist im Hinblick auf den Halbkrater-Aufschluss nichts hinzuzufügen.