Die Berichterstattung in den Medien, die Kommentare von regionalen und lokalen Geologen sowie die Äußerungen von zahlreichen selbsternannten „Experten für die Geologie von Erdfällen“ haben deutlich gemacht, dass es beim Verständnis des geologischen Prozesses der Bodenverflüssigung (Liquefaktion) meist noch ziemlich hapert bzw. absolute Unkenntnis besteht. Deshalb wollen wir hier etwas Aufklärung betreiben, und wir können uns vorstellen, dass insbesondere die betroffene Bevölkerung dafür dankbar sein könnte.
Liquefaktion ist vor allen Dingen mit schweren Erdbeben verknüpft, und in den letzten 50 Jahren hat es enorme Auswirkungen z.B. bei den Beben in Alaska, USA, 1964, Nagata, Japan, 1964, Loma Prieta, USA, 1989 und Kobe, Japan, 1995, gegeben. Historisch berühmt und berüchtigt sind die Erdbeben von Kalabrien, Italien, 1783, und von New Madrid, Missouri, USA, 1811/1812, bei denen die Bodenverflüssigung mit den geologischen Auswirkungen gigantische Ausmaße annahm. Selbst schriftliche Überlieferungen aus der Antike zu Begleiteffekten von Erdbeben müssen wir heute im Sinne von Liquefaktion ansehen.
Abb. 1. Liquefaktion; Erdbeben von Ojiya 2004, Christchurch 2011. Angesichts des hochgedrückten Kanalschachtes dürfen die hunderte Kilogramm schweren Nagelfluh-Blöcke, die – hochkatapultiert – bei den Aufgrabungen der Kienberger Donnerlöcher angetroffen wurden, zwar Erstaunen hervorrufen aber letztlich nicht überraschen. Bildquellen: Wikimedia Commons, links und rechts.
Aber auch in anderen, z.T. viel kleineren Maßstäben ist Liquefaktion ein bei Geologen und Ingenieurgeologen wohlbekannter – und gefürchteter – Prozess, z.B. im Braunkohle-Tagebau.
Hier wollen wir in einer kleinen Sequenz von Bilder vereinfachend zeigen, wie Liquefaktion „funktioniert“ und wie sie im Raum Kienberg bereits vor langer Zeit die gehäuft und konzentriert auftretenden Erdfälle (Donnerlöcher) vorbereitet hat.
A: Es beginnt ganz normal: Überlagerungsdruck im Boden (grauer Pfeil) führt zu Kontaktkräften zwischen den einzelnen Sandkörnern.
A*: Zusätzlicher, schwacher, langsamer Druck würde die Körner zusammenpressen und das Wasser aus dem Porenraum drücken – hier nicht weiter interessant.
B: Ein plötzlicher Schock-Druck erhöht den Wasser-Innendruck im Porenraum, wirkt gegen den Kontaktdruck und führt dazu, dass die Körner ihren Kontakt_ und der Sand seine Scherfestigkeit völlig verlieren können.
C: Das Wasser-Sand-Gemisch beginnt zu fließen: Bodenverflüssigung (Liquefaktion).
D: Der Druck hält an … und an Schwächestellen der Überdeckung kommt es zu teilweise explosionsartigen Entladungen (siehe Abb. 1, links, der hochgedrückte Kanalschacht).
Die Kienberger Donnerlöcher und ihr Ursprung
E: In der Region Kienberg waren es die extrem starken Schockwellen des Kometen/Asteroiden-Einschlags, die die Bodenverflüssigung und die zugehörigen Effekte auslösten. Dabei gab es verschiedene Szenarien, die nachfolgend skizziert werden.
F: Der Druck hält an, und an Schwächestellen der Überdeckung kommt es zu teilweise explosionsartigen Entladungen, die bis zur Erdoberfläche „durchschießen“ können.
G: An anderen Stellen leistet eine Nagelfluh-Bank größeren Widerstand. Sie wird perforiert („durchschossen“), Nagelfluh-Brocken werden zusammen mit dem verflüssigten Sand-Wasser-Gemisch nach oben katapultiert, bleiben aber in der Überdeckung stecken, in der die Schichten aufgewölbt werden.
H: Bei größerer Energie können Nagelfluh-Brocken auch bis zur Erdoberfläche hochdringen und ausgeworfen werden. Dieser Befund ist bei den Donnerlöchern im Raum Kienberg anzutreffen, da diese Brocken heute noch auf dem Acker um Donnerlöcher herum aufgelesen werden können. „Normal“-geologisch haben diese Nagelfluh-Brocken auf dem jungen Lösslehm nichts zu suchen – was den lokalen und regionalen Geologen aber bisher offenbar nie als „Absonderlichkeit“ aufgefallen ist.
Alle hier skizzierten Abläufe haben die Forscher des CIRT mit ihren großvolumigen Aufgrabungen von Donnerlöchern und mit geophysikalischen Messungen aufzeigen können.
Und heute?
I: In den dem Meteoriteneinschlag folgenden hunderten und tausenden Jahren wird in dem stark aufgelockerten Untergrund das feinkörnige Material nach und nach ausgewaschen, Hohlräume entstehen, die dann irgendwann als Erdfälle einbrechen: ein Donnerloch entsteht.