Der Chelyabinsk-Meteorit: neue Daten (15. 3. 2013)

Mittlerweile haben sich die Wissenschaftler darauf geeinigt, das kosmische Objekt, das vor nunmehr einem Monat einen spektakulären Airburst über Russland verursachte, als den Meteoriten „Chelyabinsk“ zu bezeichnen. Inzwischen steht es auch fest, dass es sich bei dem Meteoriten um einen gewöhnlichen Chondriten LL5 (S4, W0) handelt, wobei sich das LL auf die niedrigen Eisen- und Metallgehalte (low iron, low metal) bezieht und S4 für das Schockstadium und W0 für den Verwitterungsgrad (weathering) steht.

Nach den Untersuchungen war der Chelyabinsk-Meteorit Teil eines Asteroiden, wurde von ihm abgetrennt und erlitt vor einigen zehn Millionen Jahren eine Kollision mit einem anderen Objekt. Dabei entstanden viele Schwächerisse, die wohl für das gewaltige explosionsartige Auseinanderbrechen mitverantwortlich waren.

Über 100 Fragmente sind bisher entlang einer grob 50 km langen Spur des Meteoriten-Fluges aufgelesen worden, das größte mit einer Masse von über 1 kg.

Russische Wissenschaftler sind der Ansicht, dass bei einem steileren Eintritt des Meteoriten in die Atmosphäre die Auswirkungen am Boden weitaus schlimmer geworden wären.

Chiemgau-Impakt: der Blick nach Russland

Tschebarkul 2013 Superbolide, Tscheljabinsk, Russland – Was wissen wir derzeit?

Nachdem sich die erste Aufregung über die Explosion (*)(siehe Artikelende) und den Impakt des Meteors  gelegt hat und  etwas sachlicheren Informationen mit wissenschaftlicher Bedeutung Platz gemacht hat, wollen wir hier auf unserer Webseite dem gegenwärtigen Kenntnisstand etwas mehr Raum geben. Ein solches Ereignis, das wir nunmehr in Russland erlebt haben, wirft verständlicherweise ein Schlaglicht auch auf den Chiemgau-Impakt und die mit ihm zusammenhängenden Diskussionen über die Parameter des Einschlags wie Art des Impaktors, Zerlegung in der Atmosphäre und die Größe des Streufeldes.

 Quelle: Svetlana Korzhava; WIKIMEDIA COMMONS

Wesentliche Informationen stammen unmittelbar aus Russland, wohin das CIRT bekanntlich gute wissenschaftliche Beziehungen pflegt, und insbesondere bedanken wir uns für die persönlichen Mitteilungen von Dr. Slava Gusiakow von der Holocene Impact Working Group.

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Das Bayerische Landesamt für Umwelt – geologischer Dienst – und der Chiemgau-Impakt: eine unendliche Geschichte.

CIRT (2013)

Bilder zum Kommentar des LfU-Meteoriten-Buchs

Ende letzten Jahres erschien das Buch „Nicht von dieser Welt – Bayerns Meteorite“, das vom Bayerischen Landesamt für Umwelt (LfU) herausgegeben wird. Eine Buchbesprechung erfolgt auf der CIRT-Webseite und kann HIER angeklickt werden. Die nachfolgenden Ausführungen beschäftigen sich mit einem Abschnitt aus dem Buch, der sich in eigenartiger Weise zwar in mehreren Abschnitten mit dem Chiemgau-Impakt beschäftigt, ohne diesen dort aber überhaupt explizit beim Namen zu nennen, was den uninformierten Leser ziemlich ratlos lassen muss (soll?). Der Titel mit der „unendlichen Geschichte“ bezieht sich darauf, dass Geologen des LfU von Beginn der Forschung zum Chiemgau-Impakt an nur Ablehnung mit überwiegend sehr fragwürdiger Argumentation und Aktion artikuliert haben, ohne je in eine wissenschaftliche Diskussion mit den Forschern des CIRT (Chiemgau Impact Research Team) eingetreten zu sein, was sich im vorliegenden Buch nahtlos fortsetzt.

Die Autoren des Buches sind „Das Bayerische Landesamt für Umwelt – geologischer Dienst – und der Chiemgau-Impakt: eine unendliche Geschichte.“ weiterlesen

Der Chiemgau-Impakt, E.F.F. Chladni und das Bayerische LfU

CIRT (2013): Buchbesprechung „Nicht von dieser Welt – Bayerns Meteorite“. Hg.: Bayerisches Landesamt für Umwelt, 126 Seiten, 2012. 19,00 EUR.

Das bayerische Landesamt für Umwelt (LfU) hat Ende 2012 anläßlich der gleichnamigen Sonderschau bei den Mineralientagen München 2012 das Buch „Nicht von dieser Welt – Bayerns Meteorite“ herausgegeben.  „Der Chiemgau-Impakt, E.F.F. Chladni und das Bayerische LfU“ weiterlesen

Chiemgau-Impakt: der Doppelkrater am Boden des Chiemsees – und hübsche Gegenstücke

Seit einigen Jahren gibt es einen Befund, dass es einen zum Chiemgau-Einschlag gehörenden meteoritischen Doppelkrater am Boden vom Chiemsee gibt (Abb. 4). Die Suche nach schon länger vermuteten Spuren eines Impaktes in den See gründete sich ursprünglich auf Berichte von Chiemsee-Fischern über ungewöhnliche scharfkantige Gesteinsbrocken, die immer wieder zu Schäden an ihren Netzen geführt hatten. Solche Brocken gehören geologisch in den See keineswegs hinein. Nach einer Übersichtsvermessung mit einem Sonar-Echolot ergab eine anschließende Detailkartierung mit dem Echolot in der Tat eine ganz ungewöhnliche Struktur am Boden, gleichermaßen ein Fremdkörper im See, mit allen Anzeichen eines Doppelkraters, der von einem Ringwall umgeben ist (Abb. 1).

Sonar-Echolot-Karte des Doppelkraters im Chiemsee, Chiemgau-Impakt

Abb. 1. Der wahrscheinliche meteoritische Doppelkrater am Boden des Chiemsees. Karte nach detaillierten Sonar-Echolotmessungen mit der Wasserwacht Chieming. Die Meter-Skala beziffert die Wassertiefen.

Die Ähnlichkeit zu Impakt-Doppelkratern auf dem Mars ist augenfällig (Abb. 2). Nach dem Marsbild ist es offenkundig, dass sich die Doppelstruktur bei einem synchronen Impakt eines Zwillingsprojektils gebildet hat.

Vergleich Doppelkrater auf Mars und am Boden vom Chiemsee, Chiemgau-Einschlag

Abb. 2. Meteoritischer Doppelkrater auf dem Mars (Bildquelle NASA) und das Gegenstück am Boden des Chiemsees mit einer bemerkenswerten Ähnlichkeit. Die deutlich unschärferen Konturen bei der Chiemsee-Struktur dürfen nicht überraschen, da der Impakt ins Wasser und das darunter befindliche wassergesättigte unverfestigte Seesediment erfolgte.

Eine feine morphologische Parallele gibt es auch von einem experimentellen (Überschall-) Impakt in Aluminium (Abb. 3). Das Projektil-Paar erzeugte einen Doppelkrater als ein (seinerzeit gewiss nicht beabsichtigtes) Modell für den Chiemsee-Doppelkrater.

Vergleich Doppelkrater Experiment und am Boden vom Chiemsee, Chiemgau-Einschlag

Abb 3. Experimenteller Überschall-Zwillingsimpakt in Aluminium mit der Bildung eines Doppelkraters (Bildquelle NASA) ähnlich dem Chiemsee-Doppelkrater, der beim Chiemgau-Einschlag entstand.

Der Doppelkrater im Chiemsee erinnert an den Tüttensee-Krater, bei dem die geophysikalischen Messungen der Gravimetrie und der Seismik ebenfalls auf einen Mehrfach-Einschlag (in diesem Fall einen Dreifacheinschlag) schließen lassen. Mehr dazu kann HIER angeklickt werden.

Ein Einschlag oder auch mehrere Einschläge in den Chiemsee werden weiterhin durch charakteristische Tsunami-Ablagerungen im Randbereich des Chiemsees plausibel. Dazu sind vom CIRT in Zusammenarbeit mir griechischen Kollegen zwei Publikationen erschienen – mehr Informationen dazu HIER und HIER.

Karte Südostbayern mit Chiemsee, Doppelkrater Chiemgau-Einchlag karte

Abb. 4. Der Chiemsee in Südost-Bayern, der den wahrscheinlichen meteoritischen Doppelkrater verbirgt.

Chiemgau-Impakt: Ein Artikel zur Geologie der archäologischen Ausgrabung Chieming-Stöttham

THE CHIEMGAU METEORITE IMPACT SIGNATURE OF THE STÖTTHAM ARCHAEOLOGICAL SITE (SOUTHEAST GERMANY)

K. Ernstson, C. Sideris, I. Liritzis, A. Neumair

Titel MAA-Artikel zur archäologischen Ausgrabung Chieming-Stöttham

Erschienen ist soeben dieser Artikel, der sich mit dem geologischen Inventar der archäologischen Ausgrabung in Chieming-Stöttham aus dem Jahr 2007, mit den Impaktmerkmalen der Katastrophenschicht und den Beziehungen zum Chiemgau-Impakt beschäftigt. In dem Artikel wird dabei auch herausgestellt, wie sich die Betrachtungsweise der die Archäologie begleitenden geomorphologisch-bodenkundlichen Arbeiten (durchgeführt im Auftrag des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege von Prof. J. Völkel vom Wissenschaftszentrum Weihenstephan für Ernährung, Landnutzung und Umwelt der technischen Universität München) von der geologisch-mineralogisch-petrographischen Sichtweise der Impaktforschung unterscheidet. Die Artikelzusammenfassung folgt hier:

Archaeological excavation at Chieming-Stöttham in the Chiemgau region of Southeast Germany revealed a diamictic (breccia) layer sandwiched between a Neolithic and a Roman occupation layer. This exotic layer bears evidence of its deposition in a catastrophic event that is attributed to the Chiemgau meteorite impact. In the extended crater strewn field produced by the impact, geological excavations have uncovered comparable horizons with an anomalous geological inventory intermixed with archaeological material. Evidences of extreme destruction, temperatures and pressures including impact shock effects suggest that the current views on its being an undisturbed colluvial depositional sequence as postulated by archaeologists and pedologists/geomorphologists is untenable.