Ein neuer Furchenstein vom Chiemsee

In einem früheren Beitrag auf dieser Website https://www.chiemgau-impakt.de/category/bilder-des-monats/ , https://www.chiemgau-impakt.de/images/bdw/artikel.pdf haben wir über die so genannten Furchensteine (auch Hirnstoa [=Hirnsteine]) berichtet, die in der Bevölkerung am Chiemsee seit langem bekannt sind, ohne dass bisher eine schlüssige Erklärung gegeben wurde.

Wir haben eine plausible Erklärung im Zusammenhang mit dem Chiemgau-Impakt formuliert und die Skulptur der Furchensteine mit Regmaglypten verglichen, wie sie seit jeher von Meteoriten bekannt sind. Bei Meteoriten werden die Regmaglypten auf oberflächliche Schmelzvorgänge zurückgeführt, die durch Reibung beim schnellen Passieren der Atmosphäre wirksam werden. Vergleichbare dynamische Schmelzvorgänge beim Chiemgau-Impakt mit der Bildung und Ablation von Karbonatschmelze sehen wir als die Ursache der Bildung der Kalkstein-Furchensteine vom Chiemsee.

Diese Deutung hat einen Kritiker, Dr. R. Huber von der Universität Bremen, auf den Plan gerufen. Er deutet die Furchen der Furchensteine als biogen, also als das Resultat der Wirkung von Organismen, insbesondere von Algen und Bakterien, und verweist auf ähnliche (!) Bildungen in anderen Seen. Bereits in unseren früheren Beiträgen haben wir seine Deutung zurückgewiesen und auf die Unverträglichkeit unserer Beobachtungen mit der Tätigkeit von Organismen hingewiesen und bemerkt, dass die Chiemsee-Furchensteine, wie wir sie vorgestellt und beschrieben haben, exakte Gegenstücke in Auswurfmassen von Impaktstrukturen besitzen.

Inzwischen hat Dr. Huber in einem Internetforum, http://stratigraphynet.blogspot.com/2008_06_01_archive.html (auf englisch), seine Ansicht wiederholt und bekräftigt, ohne allerdings auf die von uns sehr präzise dargestellten Merkmale und unsere Erörterung alternativer Bildungsmöglichkeiten einzugehen. Stattdessen schreibt er dort, dass wir seine Deutung nicht glauben (Zitat: … but they didn’t really believe.) Wissenschaftler vor allem auch in den Geowissenschaften schreiben und sagen häufig, dass sie Ergebnisse anderer Forscher nicht glauben. Vielleicht gehört das zum Sprachgebrauch von Dr. Huber. In unserer Forschergruppe gibt es diese wenig wissenschaftliche Argumentation „glauben“ bzw. „nicht glauben“ nicht. Der Leser mag sich unter den oben genannten Internetadressen überzeugen, dass wir unser Modell sehr sorgfältig begründen und wir eine biogene Bildung nach unseren sehr detaillierten Beobachtungen und Vergleichen für ausgeschlossen halten.

Anlässlich des Fundes eines sehr großen wunderschönen Furchensteines in Chieming am Chiemsee greifen wir diese Diskussion wieder auf. Die nachfolgende Abbildung zeigt diesen Furchenstein in seiner ganz grob kegelstumpfförmigen Gestalt, und hier kann man einen ausführlichen Beitrag mit mehreren Fotos nachlesen.

Ein neuer Furchenstein vom Chiemsee.

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Ein Impakt-Horizont bei Chieming-Stöttham

Nachdem im Umfeld des Tüttensees über 30 Schürfe einen als Schicht von Auswurfmassen gedeuteten Impakthorizont angetroffen haben [http://chiemgau-impakt.de/pdf/artikel2d.pdf], wurde bei archäologischen Ausgrabungen im Randbereich des Chiemsees  bei Chieming-Stöttham eine sehr ähnliche Situation freigelegt. Über einem ungestörten Untergrund (Grundmoräne) mit einem fossilen Bodenhorizont folgt eine Schicht, die nur als Ausdruck eines katastrophalen Ereignisses in der allerjüngsten geologischen Geschichte gedeutet werden kann. Wie am Tüttensee besteht diese Schicht aus wirr durcheinander gemischten Gesteins-Trümmermassen mit tiefgreifend säure-korrodierten Komponenten in einer tonigen Matrix. In diese Trümmermassen sind organisches Material wie Holzkohle, Knochen und Zähne ebenso wie archäologische Objekte eingearbeitet. Überlagert wird der „Katastrophen“-Horizont durch eine jüngere ungestörte Kulturschicht und jüngste Bodenbildungen. Ähnlich wie am Tüttensee erlauben die archäologischen Befunde eine Einstufung des Ereignisses in eine Zeit viele tausend Jahre nach Ende der Eiszeit.

Abb. 1. Die Schichtenfolge bei Chieming-Stöttham mit dem „Katastrophen“-Horizont (hell, etwa in der Mitte des Bildes).

 

Abb. 2. Nahaufnahme des Trümmer-Horizontes.

Wegen der großen Entfernung zum Tüttensee ist auszuschließen, dass der Stötthamer Trümmerhorizont Auswurfmassen aus diesem postulierten Meteoritenkrater repräsentiert. Stattdessen ist von näher gelegenen weiteren Einschlagsorten auszugehen, und manches spricht dafür, dass ein Einschlag in den Chiemsee zumindest beteiligt war.

 

Abb. 3. Ein weiterer Schurf auf dem Ausgrabungsgelände. Hier hat der etwa 2 m tiefe Schacht durch die Trümmermassen die anstehende Grundmoräne noch nicht erreicht. Der Aufschluss zeigt – im Vergleich mit Abb. 1 – die Mächtigkeitsschwankungen und die wechselvolle Ausbildung des „Katastrophen“-Horizontes. Bei vielen der dunklen Komponenten handelt es sich um eingemischte Holzkohle.

Eine neue Geophysik-Kampagne am Tüttensee

Geophysikalische Messungen spielen bei der Erforschung von Meteoritenkratern (Impaktstrukturen) eine wichtige Rolle. Die ungewöhnlichen Drücke, Temperaturen und Massenbewegungen bei einem meteoritischen Impakt führen dazu, dass sich die physikalischen Eigenschaften der Gesteine im Untergrund z.T. drastisch ändern. Das äußert sich bei geophysikalischen Messungen in vielfach sehr charakteristischen Anomalien, und manche tief in der Erdkruste vergrabene Krater hat man erst durch derartige Messungen entdeckt.

Nachdem bereits in einer früheren Gravimetrie-Vermessung [Artikel] ein ungewöhnlicher Ring positiver Schwereanomalie als ein mögliches Anzeichen für eine Schockverdichtung um den Tüttensee herum gemessen wurde, fand nunmehr eine neue Geophysik-Kampagne im Bereich der Schicht der Auswurfmassen, die in mittlerweile über 30 Schürfen um den Tüttensee-Krater herum angetroffen wurde, statt.

Abb. 1. Klaus Ebinger (links), Inhaber der Fa. EBINGER, beim Einsatz am Tüttensee.

 

Abb. 2. Impulselektromagnetik mit EBINGER UPEX 740 M – Doppelschleife beim Messeinsatz am Tüttensee.

 

 

Die geophysikalischen Untersuchungen umfassten Messungen der Elektromagnetik als Frequenz- und Impulssondierungen, und das vorrangige Ziel war eine flächendeckende Erkundung des geologischen Untergrundes und seiner Besonderheiten im Zusammenhang mit dem Impakt, wie es bisher nur punktförmig die zahlreichen Schürfe im Umfeld des Tüttensees aufgezeigt haben.

Die Kampagne fand eine großzügige Unterstützung durch die Fa. Ebinger (Köln), einen weltweit operierenden Hersteller von Hightech Prüf- und Ortungstechnikgeräten (Abb. 1). Die Fa. Ebinger setzt Ihre Gerätschaften in den verschiedensten Bereichen wie Kampfmittelräumung (zu Land und zu Wasser), Minen- und Gefechtfeldsräumung, Sicherheitstechnik, Umweltgeophysik, Industrie und Wissenschaft ein und unterstützte hier, in einer dreitägigen Aktion (Abb. 2), kostenlos die Forschungen des Chiemgau Impact Research Team (CIRT).

Ein Beispiel der Auswertung und Darstellung impulselektromagnetischer Messungen auf einer Fläche von 150 x 100 m² (Abb. 3) zeigt auffällige Widerstandsstrukturen des Untergrundes, die sich vorläufig noch einer Deutung entziehen.

 

Abb. 3. Impulselektromagnetische Widerstandskartierung mit EBINGER-Großschleife am Tüttensee-Krater.

Ein ungewöhnliches prähistorisches Artefakt in der Bunten Brekzie vom Tüttensee

Ein außergewöhnliches prähistorisches Artefakt aus den Auswurfmassen des Meteoritenkraters Tüttensee (Chiemgau )

von Till Ernstson, till@ernstson.de

Nachdem seit Anfang 2006 im Umfeld des holozänen Impaktkraters Tüttensee (Rappenglück et al. 2004, CIRT 2004, 2006) bei Grabenstätt annähernd 40 Schürfe angelegt wurden, um die Stratigraphie und Zusammensetzung der Auswurfmassen (Bunte Brekzie; CIRT 2006) zu verfolgen, wurde nun in Schnitt 35 zum ersten Mal ein anthropogenes Artefakt geborgen.

In nahezu allen Schürfen konnte in einer Tiefe von bis zu 150 cm und in einem Umkreis von 1000m um den Einschlagkrater die bisher bekannte Schichtfolge festgestellt werden :

            – rezenter Bodenhorizont und Humus

– Auswurfmassen mit zertrümmerten und verätzten Geröllen (Bunte            

  Brekzie ) und z.T. organischem Material  (u.a. bis zu 5% Holz)

– fossiler Boden- oder Seetonhorizont, z.T auch Humusschicht und   

  organisches Material (Haare, Knochen, Holz, Zähne )

Das hier vorgestellte Artefakt (Abb. 1 – 4) stammt aus der Schicht der Auswurfmassen, einer bis zu 1 m dicken Schicht aus zertrümmerten alpinen fluvioglazialen Geröllen, darunter Quarzite und andere metamorphe Gesteine, zu Sand zerfallene Sandsteine und vor allem die häufig skelettartig zerfressenen Karbonatgesteine, die ihre auffälligen Formen (Abb. 5) vermutlich durch Dekarbonatisierung/Schmelzen und/oder Säurefraß durch die wohl beim Einschlag entstandene Salpetersäure erhalten haben (CIRT 2006).

Abb. 1, Abb. 2. Das angebohrte Quarzit-Geröll aus der Impakt-Ejektalage am Tüttensee.

In diesem Material aus ca. 1m Tiefe des Schurfes 35 wurde vom Verfasser das äußerlich unveränderte, 17,6 cm lange und 8,4 cm dicke Quarzitgeröll gefunden, das an einer anfänglich konisch gepickten Bohrung von 3,6 cm Tiefe gebrochen ist (Abb. 1, 2). Da die Pickspuren bis in eine Tiefe von etwa 3 cm bei einem Anfangsdurchmesser von ca 4,5 cm reichen, ist anzunehmen, daß mit Hilfe einer Art Meißel, möglicherweise einem länglichen Quarzitstück, gearbeitet wurde. Die erst sehr tief einsetzende Bohrung zeigt, wenn auch nur schwach ausgeprägt, die Anzeichen einer Kernbohrung (Abb. 3, 4), d.h. eine Arbeit mit einem schnellrotierenden Bohrer mit Gestänge und Bohrkopf aus Holunder.

Abb. 3, Abb. 4. Detailansichten der Bohrung. Die zentrale Erhebung am Boden belegt die Verwendung eines Hohlbohrers.

Experimentell belegt ist die Möglichkeit einer Bohrung in einem derart harten Silikatgestein, wobei aus China sogar durchbohrte Korund-Äxte beschrieben sind (Lu et al. 2005). Allerdings ist unseres Wissens ein Vergleichsstück aus Deutschland nicht bekannt. Selbst aus der Megalithkultur Norddeutschlands sind keine durchbohrten Äxte aus Silex, das eine dem Quarzit vergleichbare Härte besitzt, belegt.

Der Zweck der Bohrung ist nicht zweifelsfrei zu klären. Auszuschließen sind definitiv (Web-)Gewicht oder Anker, allein wegen der extrem zeitaufwändigen Arbeit im Vergleich zu für diese Zwecke gleichwertigen  Materialien wie Ton oder Kalkgestein.

Die äußere natürliche Form des Steines und der Ansatzpunkt der Bohrung im hinteren Drittel lässt am ehesten die Vermutung zu, dass es sich um einen Rohling für eine Prunkaxt handelt. Diese Hypothese wirft allerdings die Frage auf, warum die grobe Form nicht bereits vor der Bohrung durch Picken ausgearbeitet wurde, um die Gefahr eines Bruches, insbesondere nach schon beendeter Bohrung, zu senken.

Ob der Bruch beim Bearbeiten oder beim Impakt geschah, ist nicht festzustellen. Wenige unsichere Pickspuren auf der Gegenseite des Gerölls mögen auf ein Anpicken für eine doppelkonische Bohrung deuten, was ebenfalls zum Bruch geführt haben könnte.

Ebenso wird auch die zeitliche Einordnung ungeklärt bleiben. Erste durchbohrte Keulenköpfe tauchen im Mesolithikum auf, am wahrscheinlichsten ist jedoch eine mittel- bis endneolithische Zeitstellung, möglich aber auch ein bronzezeitliches Alter (pers. Mitteilung J. Weiner).

Bekannt ist, dass aus Impaktiten Artefakte hergestellt wurden (z.B. Lybisches Wüstenglas); aber dies ist wohl der erste bekannte Fund eines Artefaktes in einem Impaktgestein.

Abb. 5. Typische stark veränderte Gerölle aus dem Impakthorizont in Schurf 35, mit denen zusammen das Quarzit-Artefakt geborgen wurde. Die scharfkantige Zerbrechung kann nur beim Impakt entstanden sein, und die extreme Korrosion der Klasten ist durch Salpetersäurelösung und/oder Dekarbonisierung/Schmelzen von Karbonat zu erklären (CIRT 2006) .

Danksagung. – Herrn Jürgen Weiner danke ich für Begutachtung und gemeinsame Erörterung des Fundes.

Literatur

CIRT, Chiemgau Impact Research Team (2004): Did the Celts see a cometary

impact 200 B.C.? http://www.astronomy.com/asy/default.aspx?c=a&id=2519

Rappenglück et al. (2004): The Chiemgau impact event in the Celtic Period: evidence of a crater strewnfield and a cometary impactor containing presolar matter. http://www.chiemgau-impact.com/start.html.

2004. †To whom correspondence should be addressed: email plu@fas.harvard.edu

Lu, P.J., Yao, N., So, J.F., Harlow, G.E., Lu, J.F., Wang, G.F. & Chaikin, P.M. (2005): The earliest use of corundum and diamond in prehistoric China. Archaeometry, 47, 1-12.

CIRT (Chiemgau Impact Research Team) (2006):  Der holozäne Tüttensee-Meteoritenkrater in Südostdeutschland.  http://chiemgau-impakt.de/artikel2d.pdf

ANHANG

Dass die Behauptungen des BLfD und dessen Begutachtung des Artefakts, das die Bohrung für eine neuzeitliche Anfertigung hält und indirekt anklingen ließ, dass das Quarzitgeröll gar nicht aus der beschriebenen Schicht stammt, auf tönernen Füßen stehen, hat der Verfasser selbst in einem Experiment erbracht. In einer nach vorgeschichtlichen Vorbildern nachgebauten Bohrmaschine mit Holunderholz-Bohrkopf hat er in einem alpinen Quarzitgeröll der beprobten Härte 7, faziell identisch mit dem Material des Mühlbach-Artefakts, innerhalb von nur fünf Minuten eine Bohrung mit Kuppe des Steinkerns fabriziert, wie es die nachfolgenden Bilder präsentieren.

Ein eingeebneter Meteoritenkrater bei Perach

Die Luftaufnahme (1)* wurde im nördlichen Teil des Impakt-Streufeldes bei Perach gemacht und zeigt (Pfeil) einen auf einer Ackerfläche eingeebneten Krater.

  Bild 1
Quelle BLfD

  Bild 2

Die in der Originalaufnahme nur schwach angedeutete Struktur bekommt nach einer Bildbearbeitung verblüffend scharfe Konturen (2). Klar heben sich vier verschiedene konzentrische Zonen ab (3):

  • ein grob 5m messender zentraler Bereich (schwarz)
  • eine anschließende Zone mit einem Durchmesser von etwa 12 m (rot)
  • eine ringförmige, knapp 10 m breite Zone mit einem äußeren Durchmesser von ca. 30 m (gelb)
  • eine äußere Zone mit 60 – 70 m Durchmesser mit strahlenförmiger Erweiterung bis in eine radiale Entfernung von grob 50 m (rot).

 Bild 3

Wir versuchen die folgende Zuordnung der einzelnen Zonen:

Die Deutung des zentralen Bereichs orientiert sich an den Bodenradarmessungen (Dr. Patzelt, Terrana Geophysik; in http://www.lpi.usra.edu/meetings/metsoc2005/pdf/5158.pdf) über einem anderen Krater (11 m Durchmesser; unser Krater 004 – siehe dazu auch https://www.chiemgau-impakt.de/wp-content/uploads/2011/07/Petrographie-und-Geochemie.pdf) im nördlichen Bereich des Streufeldes. Die Bodenradarmessungen zeigen sehr starke Reflexionen am Kraterboden, die möglicherweise mit einer starken Verdichtung des Untergrundmaterials zusammenhängen. Wenn diese angenommene Verdichtung auch im Peracher Krater existiert und z.B. wasserstauend wirkt, könnte sich das optisch bis zur Oberfläche durchpausen.

Die anschließende Zone mit etwa 12 m Durchmesser könnte das Material der Verfüllung des ursprünglichen Kraters repräsentieren. Die anschließende ringförmige Zone deuten wir als den Bereich des ursprünglichen Ringwalles, von dem nach der Verfüllung noch basales Material an Ort und Stelle verblieben ist. Nimmt man die Mitte dieser Zone als die Lage der ursprünglichen Wallkrone, hätten wie es mit einem originalen Krater von ca. 20 m Durchmesser zu tun.

Schließlich dürfte es sich bei der äußersten Zone (60 – 70 m Durchmesser) um ein Abbild der Zone der Auswurfmassen (Ejekta) handeln, das sich radialstrahlig noch bis in grob 50 m Entfernung vom Zentrum erstreckt.

Diese Dokumentation einer Ringstruktur macht deutlich, daß Erklärungen, wie sie gern und wiederholt von Gegnern des Chiemgau-Impaktes und von Zweiflern an der Meteoritengenese der vielen Krater vorgebracht werden (geologische Eiszeitstrukturen, anthropogene (archäologische) Strukturen, primitive industrielle Prozesse u.a.),  eher Erklärungsnöte nach sich ziehen.

Um einer naheliegenden Frage vorzubeugen: Ja, wir werden diese Struktur bei Perach mit verschiedenen geophysikalischen Meßverfahren untersuchen, um die optische Zonierung vielleicht noch detaillierter physikalisch charakterisieren zu können.

* Die Luftaufnahme wurde in früheren Texten fälschlich als Infrarotaufnahme bezeichnet

Aus der Bunten Breccie am Tüttensee

Die Schicht der Auswurfmassen vom Tüttensee hat hier schon mehrfach für die Bilder der Woche hergehalten, was im Archiv nachvollzogen werden kann. Jetzt präsentieren wir einige besonders schöne Einzel-Komponenten, nachdem wir sie von der tonigen Matrix dieser polymikten Breccie befreit haben. Zum Begriff „Breccie“ (oder „Brekzie“) wollen wir anmerken, dass er nach der gängigen Klassifikation ein klastisches, also aus eckigen Trümmerkomponenten in einem Bindemittel bestehendes Gestein bezeichnet. Wenn wir hier auch gerundete Komponenten in der Breccie vorfinden, dann ist das so zu verstehen, dass beim Impakt im Bereich des heutigen Tüttensees auch ein konglomeratisches Gestein aus alpinen Geröllen zertrümmert wurde, wobei Komponenten dieser Zertrümmerung auch als gerundete Gerölle heil bleiben und als Bestandteile in die Breccie eingearbeitet werden konnten. Entsprechendes findet man auch in der Bunten Breccie des Nördlinger Ries-Kraters (z.B. die Buchberg-Gerölle).

 

  Bild 1

 

Unsere hier gezeigten Gerölle aus der Tüttensee-Bunte Breccie zeichnen sich dadurch aus, dass sie beim Impakt offenbar noch mehr erlebt haben. Die tiefgreifende Korrosion und Gesteinslösung bis hin zu skelettartigen Bildungen führen wir auf die Einwirkungen hoher Temperaturen oder/und die Einwirkung starker Säurelösung zurück.

 

Der mächtige Brocken in Bild 1 ist ein Kalkstein, der mit seiner Skulptur (man beachte z.B. den zarten, hochstehenden Zapfen etwa in der Mitte) so nicht aus den Alpen gekommen sein kann. Offenbar ist ein beachtlicher Teil des Gesteins fortgeführt worden, und zwar nicht durch Bruch. Eine Erklärung können die hohen Temperaturen beim Impakt sein, bei denen ein Kalkgestein schmelzen oder sich wie beim Kalkbrennen zersetzen kann. Möglich ist auch eine Lösung durch Salpetersäure, die in der Impakt-Explosionswolke entstehen kann, was wir an dieser Stelle schon früher erörtert haben. Beide Prozesse (Hitze und Säure) müssen sich dabei nicht ausschließen.

 

  Bild 2

 

Bild 2 zeigt eine Sandsteinkomponente, die irgendjemand bereits als Saurier-Embryo bezeichnet hat. Bei Formung dieser „Skulptur“ können wir dieselben Prozesse der Zerstörung verantwortlich machen. Wenn die Quarzkörner des Sandstein mit einem karbonatischen Bindemittel zementiert sind, geschieht bei Temperatur und Säure die Zerstörung des Bindemittels mit tiefgreifender Vergrusung. Bei zurückgehender Temperatur bzw. nachlassender Säurewirkung bleiben dann solche Gesteinsskelette zurück.

 

Nicht anders verhält es sich bei den Komponenten der Bilder 3 und 4 mit den tiefgreifend zerfressenen Kalk- bzw. Dolomitsteinen mit z.T.scharfkantig herausmodellierten Graten. Bei den herausragenden Rippen, die Temperatur/Säure widerstanden haben, handelt es sich um Quarzgängchen, die deutlich höhere Schmelztemperaturen benötigen bzw. weit widerstandsfähiger bei Säurelösung sind.

 

  Bild 3

 

 Bild 4

 

Wir machen noch einmal darauf aufmerksam, dass die hier gezeigten drastischen Gesteinsveränderungen an Klasten beobachtet werden, die Bestandteile eines Gesteins, nämlich der Bunten Breccie sind. Mit Blick auf bereits früher von uns vorgestellte, derartig tiefgreifend korrodierte Komponenten des Impakthorizontes, haben Mitarbeiter des Bayerischen Landesamtes für Umwelt (früher: des Geologischen Landesamtes) als Erklärung saure Böden herangezogen, was wir hier nicht weiter kommentieren wollen.

 

  Bild 5

 

Die in Bild 5 gezeigte Komponente stammt ebenfalls aus dem Impakthorizont, und zwar von der Basis der Bunten Breccie, wo sie in den liegenden fossilen Bodenhorizont eingedrückt angetroffen wurde. Der Block besteht aus festem, hartem Quarzit und zeigt rundum an mehreren Stellen muldenartig in das Gestein hineingreifende Ausschürfungen. Die Oberfläche des Quarzitblocks zeigt keinerlei Striemungen, und auch die Einmuldungen sind nicht auf glaziale Verformung durch Gletscher zurückzuführen – um entsprechenden Einwendungen von Impakt-Kritikern vorzubeugen. Die muldenartigen, gerichteten Ausschürfungen sind glatt, was für eine wenn auch nur kurze plastische Reaktion (wie ein Brei) des Quarzitmaterials spricht. Im Rahmen unseres Models, das die Schicht der Bunten Breccie als einen Auswurfhorizont (Ejekta) des Tüttensee-Kraters erklärt, dürfte dieser Block unmittelbar nach dem Einschlag in alpines Material in die durch extreme Schockdrücke initiierte Exkavation des Kraters geraten sein. In dieser Hochdruckphase wurde es durch benachbarte Gerölle derart plastisch verformt, geriet in den Auswurf and schlug an der Basis des sich bildenden Ejektahorizontes der Bunten Breccie in den damaligen (heute fossilen) Boden ein