Neue Beobachtungen zu den Furchensteinen vom Chiemsee

Nachdem wir wiederholt über die sogenannten Furchensteine vom Chiemsee berichtet haben

http://chiemgau-impakt.de/images/bdw/artikel.pdf

https://www.chiemgau-impakt.de/2011/07/14/neue-furchensteine-vom-chiemsee-keine-bakterien-keine-algen-keine-muscheln

https://www.chiemgau-impakt.de/2011/07/13/regmaglypten-auf-kalkstein-gerollen-hinweis-auf-karbonatschmelze-im-chiemgau-impakt-nachtrag/,

https://www.chiemgau-impakt.de/2011/07/14/ein-neuer-furchenstein-vom-chiemsee/

fügen wir neue Beobachtungen hinzu, die die Impaktgenese dieser einzigartigen Skulptur untermauern und weiter zum Verständnis der abgelaufenen Bildungsprozesse beitragen. Wir erinnern zuvor daran, dass vor allem der Geologe Dr. Robert Huber von der Universität Bremen die Furchensteine bei der Arbeit von Organismen ansiedelt, eine Meinung, die sich danach auch der lokale Geologe Dr. Robert Darga angeeignet hat. In einem der letzten „Bilder des Monats“ haben wir deren Ansichten wie schon früher als unhaltbar bezeichnet und auf die notwendige Intelligenz sowie das Organisations- und Kommunikationsvermögen von Algen, Bakterien und Muscheln hingewiesen, damit diese über z.T. große Blöcke hinweg klar strukturierte geometrische Muster, die sich zudem noch an pyramiden- und kegelförmigen Furchensteinen orientieren, erzeugen konnten. Dr. Darga hat darüber hinaus angemerkt („Der Landkreis Traunstein. Seine Schönheiten und Eigenarten, seine Gemeinden und Unternehmen“ S. 25, 2010, rag-verlag Georg Grafetstätter), dass es verwunderlich sei, dass bei den von uns angenommenen Schmelzprozessen mit Furchenbildung nur Kalksteine aber keine silikatischen Gesteine betroffen seien. Wir haben darauf verwiesen, dass das bei Kenntnis zu Karbonatschmelzen leicht erklärbar sei, da die Schmelztemperaturen bei bestimmten Bedingungen erheblich niedriger liegen können.

Nunmehr haben neue Funde am Chiemsee auch ein silikatisches Gestein in Form eines Sandsteins mit ausgeprägter regmaglyptischer Skulptur gebracht (Abb. 1). Die Furchen sind dabei vorwiegend zu einer Folge von runden Eindrücken abgewandelt, wie sie in dieser Form ganz besonders häufig bei regmaglyptischen Meteoriten als sogenannte „thumbprints“ (Daumeneindrücke) zu sehen sind (Abb. 2).


Abb. 1. Sandstein mit Regmaglypten („thumbprints“) vom Chiemsee; Vorder- und Rückseite des Gerölls. Die Rotfärbung kann durch eine Erhitzung erklärt werden, was im Text näher erläutert wird. Bei den weißen Äderchen handelt es sich um mehrere Kluftfüllungen, die das Geröll durchziehen. Auf der Rückseite scheinen sich Schmelzfurchen z.T. an diesen Kluftfüllungen orientiert zu haben. Fund: H. Eberle.

Abb. 2. Regmaglypten („thumbprints“) auf einem Meteoriten aus dem Sikhote Alin-Streufeld. Quelle NASA.

Wesentlich ist, dass es auch hier nicht zum Schmelzen silikatischer Minerale (wie z.B. Quarz, Feldspat, Glimmer) gekommen ist. Vielmehr handelt es sich bei dem silikatischen   „Neue Beobachtungen zu den Furchensteinen vom Chiemsee“ weiterlesen

Chiemgau-Impakt: Der Tüttensee-Meteoritenkrater, Geophysik sowie die Bohrungen und die Radiokarbon-Datierung des LFU

In der vorletzten Augustwoche sorgte eine Pressemitteilung aus dem Bayerischen Landesamt für Umwelt (LfU) für einigen Wirbel im deutschen Blätterwald. ONLINE waren SPIEGEL, WELT, BILD, BERLINER MORGENPOST, SÜDDEUTSCHE ZEITUNG und viele andere dabei. Was war, abgesehen von der Sommerloch-Zeit, so wichtig an der Meldung aus dem Amt? Der Leiter der Geologie-Abteilung am LfU, Dr. Roland Eichhorn rückte mit der Meldung heraus, dass Radiokarbon-Datierungen an Sedimenten vom „Kesselboden“ (Zitat) des Tüttensees ein Alter ergeben haben, die den gesamten Chiemgau-Impakt ausradieren würden. In Stellungnahmen und Pressemitteilungen (siehe diese Startseite ganz oben und z.B.

http://www.openpr.de/news/460561/Radiokarbon-Datierung-des-Bayerischen-Landesamtes-fuer-Umwelt-LfU-am-Tuettensee-Krater-Viel-Laerm-um-nichts.html 
http://www.openpr.de/news/460562/Streit-um-Meteoritenkrater-im-Chiemgau-Das-Chiemgau-Impact-Research-Team-erwidert-und-klaert-den-Leser-auf.html
http://www.openpr.de/news/460807.html
http://www.scribd.com/doc/36498187/Chiemgau-Impact-irrelevante-Radio-Carbon-Datierung-des-LfU-am-Tuttensee-Kurzfassung
http://www.scribd.com/doc/36500483/Irrelevante-C-14-Datierung-des-LfU-zum-Chiemgau-Impact-am-Tuttensee-Langfassung

hat das Chiemgau Impact Research Team (CIRT) erklärt, dass es sich dabei um eine Irreführung der Leser handelt, da die Proben für die Datierung nicht vom „Kesselboden“ stammen, sondern außerhalb des Sees an Land genommen wurden. Dort aber hat das CIRT bereits vor zwei Jahren selbst Proben gezogen und festgestellt, dass dort alte Sedimente angetroffen werden, die vom Impakt nicht mehr merklich beeinflusst wurden. Nachfolgend wird anhand von Ergebnissen geophysikalischer Messungen näher erläutert, dass das nach Vorstellung von Impakt-Experten für den Tüttensee-Krater nicht anders zu erwarten ist.

Tüttensee-Meteoritenkrater Gravimetrie

Abb. 1. Die Schwerekarte (BOUGUER-Restfeld) vom Tüttensee und seiner Umgebung.

Ein wesentliches Kriterium dafür sind die Ergebnisse von Schwerkraftmessungen (Gravimetrie), die das CIRT schon von einigen Jahren auf dem zugefrorenen Tüttensee und in dessen Umgebung vorgenommen hat (http://chiemgau-impakt.de/Gravimetrische_untersuchungen.pdf). Dabei gab es das überraschende Ergebnis, dass die negative Schwereanomalie des Tüttensee-Kraters von einer Zone relativ positiver Schwerewerte ringförmig umgeben ist. Bereits damals wurde diese Besonderheit als unvereinbar mit der viel beschworenen und durch nichts weiter belegten Toteis-Entstehung des Tüttensees bezeichnet., während eine Impakt-Verdichtung der Lockermassen durch die hohen Drücke der Schockwellen Sinn gibt.

Abb. 1 zeigt die damals aus den Messungen gewonnene Schwerekarte, und man erkennt innerhalb der Zone der Schwerezunahme (rotorange) eine starke Verdichtung der Isogammen (= Linien gleicher Schwereanomalie). Diese Verdichtung rührt vom markanten Dichtekontrast am Kraterrand her, und man kann daraus bereits einen Durchmesser der Hohlform von grob 300 m ableiten. Genauer liefert das eine mathematische Behandlung der Messdaten, was Abb. 2 in Form der zweiten horizontalen Ableitung (Fachausdruck!) und der darin markierten roten Linie vermittelt.

Tüttensee-Meteoritenkrater Gravimetrie Gradient

Abb. 2. Die zweite horizontale Ableitung des Schwerefeldes von Abb. 1. Die rote Linie markiert den Ort der größten Schwereänderung im Bereich des Kraterrandes.

Diese rote Linie ist maßstabsgerecht auf den Tüttensee in Abb. 3 übertragen. Und da wird ganz besonders deutlich, dass der Tüttensee und der Meteoritenkrater zwei verschiedene Dinge sind: Der Krater ist merklich kleiner als die Seeausbreitung, und der Kraterrand verläuft überall deutlich im Wasser.

Tüttensee-Meteoritenkrater Gravimetrie Kraterrand

Abb. 3. Nachzeichnung des Randes des Tüttensee-Meteoritenkraters nach Schwerkraftmessungen (Gravimetrie).

Zu sehr ähnlichen Resultaten kommen seismische Messungen auf dem See in Form des Sedimentecholots., was hier http://de.scribd.com/doc/36500483/Irrelevante-C-14-Datierung-des-LfU-zum-Chiemgau-Impact-am-Tuttensee-Langfassung genauer nachgelesen werden kann. Profile des Sedimentecholots, die dem CIRT zur Verfügung gestellt wurden, zeigen den Kraterrand ebenfalls in Form eines abrupten Abbruchs der geschichteten Sedimente, die vor dem Impakt den Untergrund gebildet hatten. Für drei Profile sind diese Abbruchstellen in Abb. 4 mit einem kleinen roten Balken markiert, was gut mit dem Resultat der Gravimetrie korrespondiert.

Tüttensee-Meteoritenkrater Gravimetrie Seismik Kraterrand

Abb. 4. Der Tüttensee-Kraterrand nach Gravimetrie (weiß) und Seismik (Sedimentecholot; rot).

Was hat das mit der Pressemitteilung aus dem LfU zu tun? In dieser Zusammenstellung der Bilder vom Tüttensee wird besonders deutlich, wie verfälschend es sich in der Pressemitteilung liest, wenn von der Probennahme am „Kesselboden“ die Rede ist . Vom Kesselboden gibt es bisher nicht eine einzige Probe. Mitarbeiter des LfU haben Proben an Land gezogen, und zwar, wie die Abbildungen vermitteln, weit ausserhalb des Kraterrandes, wo die Radiokarbon-Datierungen keine überraschenden Alter ergeben haben. Für eine Füllung des Medien-Sommerlochs taugen sie nichts.

Angemerkt soll noch werden, dass der von der Kreisform abweichende Verlauf des Kraterrandes mit dem Einschlag eines in drei Teile zerbrochenen Projektils erklärt werden kann (Abb. 5). Das ist nicht ungewöhnlich und auch bei anderen Meteoritenkrater (z.B. Henbury in Australien) zu beobachten. Auch den jüngst im Chiemsee mit SONAR nachgewiesenen Doppelkrater (Abb. 6) muss man zu einem solchen Szenario rechnen.

Tüttensee-Meteoritenkrater Dreier-Einschlag

Abb. 5. Der Tüttensee-Meteoritenkrater – ein Krater-„Dreierpack“?

Chiemgau-Impakt Doppelkrater Chiemsee

Abb. 6. Der Doppelkrater mit Ringwall am Chiemsee-Boden nach SONAR-Messungen – vermutlich entstanden durch den Einschlag eines Zwillingsprojektils.

NEUE FURCHENSTEINE VOM CHIEMSEE – KEINE BAKTERIEN, KEINE ALGEN, KEINE MUSCHELN.

Als Ergänzung zu den Ausführungen von weiter unten zu den sogenannten Furchensteinen vom Chiemsee, die von lokalen Geologen wie Dr. Huber und Dr. Darga immer noch als die Wirkung von Organismen wie Algen, Bakterien und Muscheln angesehen werden, bringen wir nachfolgend drei wunderschöne Beispiele aus einer ganzen Reihe von Furchensteinen, die von Herrn H. Eberle aus Siegsdorf gesammelt wurden und von denen er uns kürzlich Fotos zur Verfügung gestellt hat.

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Bild 1. Die sehr häufig bei den Furchensteinen zu beobachtende Kegel- oder Pyramidenform kommt hier besonders gut zur Geltung. Die geometrisch klar ausgerichteten scharfkantigen Furchen im Fallen der Kegelmantelfläche deuten auf einen von der Spitze ausgehenden Lösungs-/Erosionsprozess. Im Hinblick auf den von Dr. Darga und Dr. Huber postulierten Organismenfraß müsste dieser Prozess eine hervorragende Kommunikation und Organisation der Algen, Bakterien und/oder Muscheln untereinander vorausgesetzt haben.

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Bild 2. Im hier gezeigten Foto ist der Furchchenstein eine leicht an der Spitze abgeflachte Pyramide mit grob quadratischer Grundfläche. Auch wie im Fall des Kegels in Bild 1 verlaufen die scharfkantigen Furchten mit geometrischer Kontrolle divergierend von der Spitze. Ein Fall für Bakterien, Algen, Muscheln?

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Bild 3. Das Besondere an diesem Furchenstein vom Chiemsee ist die den Stein etwa vertikal halbierende tiefe Einkerbung mit einem eigenartigen dunkel gefärbten „Schriftzug“ am Boden. Dem Geologen ist diese Naht allerdings als Drucksutur oder Stylolithen wohlbekannt. Er erklärt sie als das Resultat von Drucklösung im Gestein, die vor allem in Karbonatgesteinen aber, viel seltener, auch in silikatischen Gesteinen (z.B. Quarziten) auftreten kann. Häufig an feinsten Rissen oder anderen Inhomogenitäten ansetzend führen tektonischer Druck oder Auflastdruck zu Materiallösung und einer damit verbundenen Verzahnung der sich im Laufe der geologischen Zeit gegeneinander bewegenden Gesteinseinheiten (vergl. auch Bild 4). Bleibt bei der Drucklösung des kalkigen Material ein unlöslicher Rückstand, lagert sich dieser auf den „Zähnen“ ab und verleiht der Sutur häufig eine andere Färbung, was auch hier der Fall ist.

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Bild. 4. Zum Vergleich: Eine Stylolithennaht in einem alten Kalksteinmörser.

Für das Modell der Entstehung der Furchensteine ist diese Beobachtung der „Sonderfurche“ offenbar exakt entlang der Stylolithennaht in das Gestein hinein bemerkenswert. Nach unserer Modellvorstellung ist die Furchenbildung ein Ablationsprozess, wie er von Meteoriten bekannt ist, was wir in den Ausführungen weiter unten ausführlich beschreiben. Beim Chiemgau-Impakt konnten die Furchensteine vermutlich entstehen, als überhitzter Wasserdampf oder andere extrem heiße Gase in Form eines hochenergetischen „Jets“ zu Karbonatschmelze und zu dem besagten gerichteten Ablationsprozess führten. Im Vergleich mit der normalen Hitzezersetzung durch Kalkbrennen kann sich der Kalkstein sogar bei deutlich niedrigeren Temperaturen verwandeln und zwar in Form einer Karbonatschmelze, wenn geeignete Druckverhältnisse, Beimengungen sowie Kohlendioxid- und Wasserverteilungen gegeben sind. Im vorliegenden Fall ist vorstellbar, dass genau die Verunreinigungen der Lösungsrückstände im Bereich der Stylolithen zu einem bevorzugten Schmelzen entlang der Naht führten

Ein neuer Furchenstein vom Chiemsee

In einem früheren Beitrag auf dieser Website https://www.chiemgau-impakt.de/category/bilder-des-monats/ , https://www.chiemgau-impakt.de/images/bdw/artikel.pdf haben wir über die so genannten Furchensteine (auch Hirnstoa [=Hirnsteine]) berichtet, die in der Bevölkerung am Chiemsee seit langem bekannt sind, ohne dass bisher eine schlüssige Erklärung gegeben wurde.

Wir haben eine plausible Erklärung im Zusammenhang mit dem Chiemgau-Impakt formuliert und die Skulptur der Furchensteine mit Regmaglypten verglichen, wie sie seit jeher von Meteoriten bekannt sind. Bei Meteoriten werden die Regmaglypten auf oberflächliche Schmelzvorgänge zurückgeführt, die durch Reibung beim schnellen Passieren der Atmosphäre wirksam werden. Vergleichbare dynamische Schmelzvorgänge beim Chiemgau-Impakt mit der Bildung und Ablation von Karbonatschmelze sehen wir als die Ursache der Bildung der Kalkstein-Furchensteine vom Chiemsee.

Diese Deutung hat einen Kritiker, Dr. R. Huber von der Universität Bremen, auf den Plan gerufen. Er deutet die Furchen der Furchensteine als biogen, also als das Resultat der Wirkung von Organismen, insbesondere von Algen und Bakterien, und verweist auf ähnliche (!) Bildungen in anderen Seen. Bereits in unseren früheren Beiträgen haben wir seine Deutung zurückgewiesen und auf die Unverträglichkeit unserer Beobachtungen mit der Tätigkeit von Organismen hingewiesen und bemerkt, dass die Chiemsee-Furchensteine, wie wir sie vorgestellt und beschrieben haben, exakte Gegenstücke in Auswurfmassen von Impaktstrukturen besitzen.

Inzwischen hat Dr. Huber in einem Internetforum, http://stratigraphynet.blogspot.com/2008_06_01_archive.html (auf englisch), seine Ansicht wiederholt und bekräftigt, ohne allerdings auf die von uns sehr präzise dargestellten Merkmale und unsere Erörterung alternativer Bildungsmöglichkeiten einzugehen. Stattdessen schreibt er dort, dass wir seine Deutung nicht glauben (Zitat: … but they didn’t really believe.) Wissenschaftler vor allem auch in den Geowissenschaften schreiben und sagen häufig, dass sie Ergebnisse anderer Forscher nicht glauben. Vielleicht gehört das zum Sprachgebrauch von Dr. Huber. In unserer Forschergruppe gibt es diese wenig wissenschaftliche Argumentation „glauben“ bzw. „nicht glauben“ nicht. Der Leser mag sich unter den oben genannten Internetadressen überzeugen, dass wir unser Modell sehr sorgfältig begründen und wir eine biogene Bildung nach unseren sehr detaillierten Beobachtungen und Vergleichen für ausgeschlossen halten.

Anlässlich des Fundes eines sehr großen wunderschönen Furchensteines in Chieming am Chiemsee greifen wir diese Diskussion wieder auf. Die nachfolgende Abbildung zeigt diesen Furchenstein in seiner ganz grob kegelstumpfförmigen Gestalt, und hier kann man einen ausführlichen Beitrag mit mehreren Fotos nachlesen.

Ein neuer Furchenstein vom Chiemsee.

PDF des ausführlichen Beitrages anklicken!

Ein Impakt-Horizont bei Chieming-Stöttham

Nachdem im Umfeld des Tüttensees über 30 Schürfe einen als Schicht von Auswurfmassen gedeuteten Impakthorizont angetroffen haben [http://chiemgau-impakt.de/pdf/artikel2d.pdf], wurde bei archäologischen Ausgrabungen im Randbereich des Chiemsees  bei Chieming-Stöttham eine sehr ähnliche Situation freigelegt. Über einem ungestörten Untergrund (Grundmoräne) mit einem fossilen Bodenhorizont folgt eine Schicht, die nur als Ausdruck eines katastrophalen Ereignisses in der allerjüngsten geologischen Geschichte gedeutet werden kann. Wie am Tüttensee besteht diese Schicht aus wirr durcheinander gemischten Gesteins-Trümmermassen mit tiefgreifend säure-korrodierten Komponenten in einer tonigen Matrix. In diese Trümmermassen sind organisches Material wie Holzkohle, Knochen und Zähne ebenso wie archäologische Objekte eingearbeitet. Überlagert wird der „Katastrophen“-Horizont durch eine jüngere ungestörte Kulturschicht und jüngste Bodenbildungen. Ähnlich wie am Tüttensee erlauben die archäologischen Befunde eine Einstufung des Ereignisses in eine Zeit viele tausend Jahre nach Ende der Eiszeit.

Abb. 1. Die Schichtenfolge bei Chieming-Stöttham mit dem „Katastrophen“-Horizont (hell, etwa in der Mitte des Bildes).

 

Abb. 2. Nahaufnahme des Trümmer-Horizontes.

Wegen der großen Entfernung zum Tüttensee ist auszuschließen, dass der Stötthamer Trümmerhorizont Auswurfmassen aus diesem postulierten Meteoritenkrater repräsentiert. Stattdessen ist von näher gelegenen weiteren Einschlagsorten auszugehen, und manches spricht dafür, dass ein Einschlag in den Chiemsee zumindest beteiligt war.

 

Abb. 3. Ein weiterer Schurf auf dem Ausgrabungsgelände. Hier hat der etwa 2 m tiefe Schacht durch die Trümmermassen die anstehende Grundmoräne noch nicht erreicht. Der Aufschluss zeigt – im Vergleich mit Abb. 1 – die Mächtigkeitsschwankungen und die wechselvolle Ausbildung des „Katastrophen“-Horizontes. Bei vielen der dunklen Komponenten handelt es sich um eingemischte Holzkohle.

Eine neue Geophysik-Kampagne am Tüttensee

Geophysikalische Messungen spielen bei der Erforschung von Meteoritenkratern (Impaktstrukturen) eine wichtige Rolle. Die ungewöhnlichen Drücke, Temperaturen und Massenbewegungen bei einem meteoritischen Impakt führen dazu, dass sich die physikalischen Eigenschaften der Gesteine im Untergrund z.T. drastisch ändern. Das äußert sich bei geophysikalischen Messungen in vielfach sehr charakteristischen Anomalien, und manche tief in der Erdkruste vergrabene Krater hat man erst durch derartige Messungen entdeckt.

Nachdem bereits in einer früheren Gravimetrie-Vermessung [Artikel] ein ungewöhnlicher Ring positiver Schwereanomalie als ein mögliches Anzeichen für eine Schockverdichtung um den Tüttensee herum gemessen wurde, fand nunmehr eine neue Geophysik-Kampagne im Bereich der Schicht der Auswurfmassen, die in mittlerweile über 30 Schürfen um den Tüttensee-Krater herum angetroffen wurde, statt.

Abb. 1. Klaus Ebinger (links), Inhaber der Fa. EBINGER, beim Einsatz am Tüttensee.

 

Abb. 2. Impulselektromagnetik mit EBINGER UPEX 740 M – Doppelschleife beim Messeinsatz am Tüttensee.

 

 

Die geophysikalischen Untersuchungen umfassten Messungen der Elektromagnetik als Frequenz- und Impulssondierungen, und das vorrangige Ziel war eine flächendeckende Erkundung des geologischen Untergrundes und seiner Besonderheiten im Zusammenhang mit dem Impakt, wie es bisher nur punktförmig die zahlreichen Schürfe im Umfeld des Tüttensees aufgezeigt haben.

Die Kampagne fand eine großzügige Unterstützung durch die Fa. Ebinger (Köln), einen weltweit operierenden Hersteller von Hightech Prüf- und Ortungstechnikgeräten (Abb. 1). Die Fa. Ebinger setzt Ihre Gerätschaften in den verschiedensten Bereichen wie Kampfmittelräumung (zu Land und zu Wasser), Minen- und Gefechtfeldsräumung, Sicherheitstechnik, Umweltgeophysik, Industrie und Wissenschaft ein und unterstützte hier, in einer dreitägigen Aktion (Abb. 2), kostenlos die Forschungen des Chiemgau Impact Research Team (CIRT).

Ein Beispiel der Auswertung und Darstellung impulselektromagnetischer Messungen auf einer Fläche von 150 x 100 m² (Abb. 3) zeigt auffällige Widerstandsstrukturen des Untergrundes, die sich vorläufig noch einer Deutung entziehen.

 

Abb. 3. Impulselektromagnetische Widerstandskartierung mit EBINGER-Großschleife am Tüttensee-Krater.