Chiemgau-Einschlag: Impakt im Experiment

Experimentelle Impakte mit der Erzeugung echter Überschall-Krater (hypervelocity crater) im Labor

hypervelocity impact crater experiments in flour

Abb. 1. Momentaufnahme aus einem Video mit Überschall-Einschlag in Mehl und Kraterbildung. Mit dem Anklicken des Bildes läuft das komplette Video ab.

Im Hinblick auf das immer noch feststellbare Unverständnis für meteoritische Impaktvorgänge, insbesondere auch bei manchen Geologen, freuen wir uns, hier einige Resultate von experimentellen Impakten, die mit Hochgeschwindigkeitskameras aufgenommen wurden, zu präsentieren. Ermöglicht wurde das durch eine Zusammenarbeit des CIRT mit Werner Mehl, einem weltweit bekannten Spezialisten für Ballistik und Hochgeschwindigkeitsfotografie (www.kurzzeit.com).

Krater und Projektil eines experimentellen Überall-Einschlags in Mehl

Abb. 2. Experimenteller Einschlagkrater, der durch ein Projektil (wie es in der Hand liegt) in einem Untergrund aus Mehl erzeugt wurde. Der Auftreffwinkel betrug 30°. Durch  Anklicken des Bildes in Abb. 1 läuft ein Video ab, das den mit einer Hochgeschwindigkeitskamera aufgenommenen Einschlag zeigt. Die äußere ringförmige Falte in der Folie ist nur ein Nebeneffekt des Versuchsaufbaus.

Zu den Einzelheiten des Experimentes ist das Folgende anzumerken:  „Chiemgau-Einschlag: Impakt im Experiment“ weiterlesen

Chiemgau-Impakt: Bims als Impaktgestein (Impaktit)

Bims oder Bimsstein ist ein poröses vulkanisches Gestein. Es bildet sich bei gasreichen explosiven Eruptionen bei der Vermischung von Lava und Wasser, was bei Druckentlastung die Lava durch Kohlendioxid und Wasserdampf aufschäumen lässt und bei rascher Abkühlung zu dem besonderen stark blasigen Gefüge führt. Bimsstein besteht fast ausschließlich aus Glas mit wenigen Kristalleinlagerungen und besitzt bis zu 90 % Porosität, weswegen er i.a. auf Wasser schwimmt. Je nach Ausgangsmaterial und Gefüge tritt Bimsstein in einem breiten Farbspektrum von fast weiß über gelb, grau bis nahezu schwarz auf. Bekannt ist z.B. der italienische Bims von Lipari oder vom Stromboli. In Deutschland wird der Bims des Eifel-Vulkanismus abgebaut.

Bimsstein vom Chiemsee

Seit wenigen Jahren hat die intensive Erkundung der Geologie des Krater-Streufeldes des Chiemgau-Impaktes zu reichlich Funden von Bimsstein-Geröllen im Randbereich des Chiemsees geführt.

Ausbildung

Bims vom Chiemsee Chiemgau Impakt

Abb. 1. Verschiedene Bims-Varietäten vom Chiemsee. Weißer Bims – grauer, randlich in weißlichen Bims übergehend – grauer Bims – grauschwarzer Bims. Funde: Ernst Neugebauer.

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Chiemgau-Impakt: Ein neues Kohlenstoff-Impaktgestein

Aus der Zusammenarbeit des CIRT mit Dr. Tatyana Shumilova, Direktorin des Labors für Diamant-Mineralogie, Geologisches Institut, Komi-Wissenschaftszentrum der Russischen Akademie der Wissenschaften in Syktyvkar, ist eine erste Publikation mit einer Präsentation auf der 43. Lunar and Planetary Science Conference (LPSC), 19. – 23. März 2012, The Woodlands, Texas, USA

http://www.lpi.usra.edu/meetings/lpsc2012/programAbstracts/view/

entstanden:

Shumilova T. G.,  Isaenko S. I.,   Makeev B. A.,   Ernstson K.,   Neumair A.,  Rappenglück M. A.: Enigmatic Poorly Structured Carbon Substances from the Alpine Foreland, Southeast Germany:  Evidence of a Cosmic Relation [Abstract #1430]. 

In der Untersuchung geht es um ein bisher unbekanntes Impaktgestein mit einer Kohlenstoff-Hochdruck-/Hochtemperaturmodifikation, das zum ersten Mal im Kraterstreufeld des Chiemgau-Impaktes gefunden wurde.

Das Abstract kann hier heruntergeladen werden

http://www.lpi.usra.edu/meetings/lpsc2012/pdf/1430.pdf,

und das Poster hier:

Poster LPSC

 

 

Shatter Cones vom Tüttensee-Krater (Chiemgau-Impakt)

Shattercones (englisch häufiger shatter cones; deutsch: Schmetter-Kegel) sind kegelförmige Brüche mit typischen Bruchflächenmarkierungen, die von Schockwellen erzeugt werden und die zu den wohlbekannten und sicheren makroskopischen Schockmerkmalen in Gesteinen von Meteoritenkratern (Impaktstrukturen) gehören.

Im Bereich der Krater des Chiemgau-Impaktes waren bisher keine Shattercones als sicheres Impakt-Indiz gefunden worden, was mit den vorherrschend sehr lockeren Gesteinsmassen im Einschlaggebiet erklärt werden konnte. In dieser Hinsicht muss offensichtlich umgedacht werden, seit vor kurzem im Bereich des Tüttensee-Ringwalles ein Stein mit klaren Shattercone-Strukturen aufgefunden wurde (Abb. 1).

shatter cones from the tüttensee crater, chiemgau impact meteorite crater strewn field

Abb. 1. Shattercone-Doppelkegel vom Tüttensee-Krater. „Shatter Cones vom Tüttensee-Krater (Chiemgau-Impakt)“ weiterlesen

Zwei Beiträge zum Chiemgau-Impakt auf der Herbsttagung der AGU in San Francisco

Auf der renommierten Herbsttagung der American Geophysical Union (AGU) in San Francisco, 5. – 9. Dezember, haben Andreas Neumair und Kord Ernstson vom CIRT zwei Beiträge präsentiert. Die Text-Zusammenfassungen können hier angeklickt werden:

Ernstson, K. & Neumair, A. (2011), Geoelectric Complex Resistivity Measurements of Soil Liquefaction Features in Quaternary Sediments of the Alpine Foreland, Germany, Abstract NS23A-1555 presented at 2011 Fall Meeting, AGU, San Francisco, Calif., 5-9 Dec.

Das Poster kann hier angeklickt werden:  Poster Ernstson & Neumair

Neumair, A. & Ernstson, K. (2011), Geomagnetic and morphological signature of small crateriform structures in the Alpine Foreland, Southeast Germany, Abstract GP11A-1023 presented at 2011 Fall Meeting, AGU, San Francisco, Calif., 5-9 Dec.

Das Poster kann hier angeklickt werden: Poster Neumair & Ernstson

Chiemgau-Impakt: Artikel zur Impakt-Bodenverflüssigung (Liquefaktion)

Artikel zum Phänomen der Donnerlöcher im Raum Kienberg:

http://www.springerlink.com/content/1166143hjp83647w/

The sinkhole enigma in the alpine foreland, Southeast Germany: Evidence of impact-induced rock liquefaction processes

von Kord Ernstson, Werner Mayer, Andreas Neumair und Dirk Sudhaus

Central European Journal of Geosciences

Der Artikel beschreibt die ersten geologischen und geophysikalischen Untersuchungen zum Phänomen der sogenannten „Donnerlöcher“ im Raum Kienberg nördlich vom Chiemsee in Südost-Bayern. Die Autoren kommen zum Schluss, dass die seit Menschengedenken rätselhaften unzähligen plötzlichen Geländeeinbrüche (Erdfälle) auf späte und auch noch heute wirksame Prozesse einer früheren schockartigen Bodenverflüssigung (Liquefaktion) im Untergrund zurückzuführen sind, wie sie von sehr starken Erdbeben bekannt ist. Die geologisch so markanten Strukturen im Untergrund, wie sie diese neuen Untersuchungen aufgedeckt haben, werden als Folge des Impaktschocks im Zuge der Entstehung des Chiemgauer Meteoritenkrater-Streufeldes (Chiemgau-Impakt) verstanden.

Charakteristische Bilder zu diesem bemerkenswerten Phänomen der  sogenannten Donnerlöcher aus dem Untersuchungsgebiet bei Kienberg mit einigen Erläuterungen folgen hier anschließend.

frisch eingebrochener Erdfall Bodenverflüssigung durch Impaktschock Chiemgau-Impakt

Ein frisch eingebrochenes Donnerloch – als Spätfolge der Gesteinsverflüssigung in der Region von Kienberg; Chiemgau-Impakt.

geologischer Schurf, Aufgraben eines Donnerlochs Chiemgau Impakt

Beginn des Aufgrabens eines plombierten Donnerlochs; Gesteinsverflüssigung in der Region von Kienberg.

impakt-induzierter Erdfall vor dem Aufmachen Chiemgau Impakt

Vor dem Aufgraben: Ein plombiertes Donnerloch bei Kienberg im Bereich des Phänomens der Impakt-Bodenverflüssigung.

schock-induzierte Perforation einer Nagelfluh-Platte als Resultat einer explosiven Entladung bei der Bodenverflüssigung Chiemgau Impakt

Das aufgegrabenen Donnerloch #1 mit dem eindrucksvollen Aufschluss der perforierten Nagelfluh-Platte. Mit Nagelfluh bezeichnet man ein extrem verfestigtes, betonartiges Konglomerat. Die Perforation ist das Ergebnis einer schock-induzierten Bodenverflüssigung mit explosiver Entladung nach oben. Die weiße Farbe rührt vom Kratzen des Baggers her, dem es nicht gelang, die harte Nagelfluh-Platte zu durchdringen.

hochenergetische Intrusion und Aufwölbung im Prozess der Gesteinsverflüssigung Chiemgau Impakt

Der geologische Schurf beim Donnerloch #1 demonstriert den heftigen Schock von unten. a = die Perforation der Nagelfluhplatte; b = Intrusion von sandig-kiesigem Material; c = Aufwölbung der hangenden Schichten; d = aus der Nagelfluhplatte herausgebrochene und hochgedrückte Nagelfluhbrocken.

zerbrochene Gerölle Intrusion bei der hochenergetischen Intrusion Chiemgau Impakt

Heftigst zerbrochene Gerölle vom Top der Intrusion innerhalb der weichen Deckschichten beweisen ein plötzliches, hochenergetisches Ereignis. Gesteinsverflüssigung in der Region von Kienberg; Chiemgau-Impakt.

geologischer Schurf, Aufgraben Donnerloch 2, Brekzien-Intrusion Chiemgau Impakt

Freilegung von Donnerloch #2 bei Kienberg. Man beachte die brekzien-ähnlichen Intrusionen (dunkel) in die Löss-Deckschichten hinein. Schock-induzierte Gesteinsverflüssigung beim Chiemgau-Einschlag.

Donnerloch #2 Aufgrabung einer Kollaps-Struktur Bodenverflüssigung Chiemgau Impakt

Wand in der Auskofferung von Donnerloch #2. Gesteinsverflüssigung in der Region von Kienberg.

Hohlräume bei der Aufgrabung von Donnerloch 2, Bodenverflüssigung, Chiemgau Impakt

Hohlräume, die von dem Schurf angefahren wurden. „Embryo“ eines zukünftigen Donnerloch-Kollapses. Folge der Gesteinsverflüssigung beim Chiemgau-Impakt.

schwere Blöcke aus Nagelfluh mehrere 100 kg 1 m hochgehoben, Bodenverflüssigung, Chiemgau Impakt

Nagelfluh-Blöcke mit bis zu mehreren 100 kg Gewicht, die durch die explosive Druckentladung bis zu 1 m in die Höhe gehoben wurden.

Google Earth Satellitenbild von Mörn, aktives Donnerloch, Sandexplosion, Bodenverflüssigung Chiemgau Impakt

Anwesen von Mörn bei Kienberg. a = Ort (der kleine helle Fleck) der aktiven Einsenkung – vermutlich ein bald kollabierendes Donnerloch. Hier wurden geophysikalische Messungen (komplexe Widerstandsmessungen, Electrical Imaging für Widerstand und Induzierte Polarisation) durchgeführt. b = Nach Aussage der Besitzer bestand der Teich ursprünglich aus zwei kreisrunden Einzelbecken. Wir vermuten, dass sie ebenfalls mit der Gesteinsverflüssigung beim Chiemgau-Impakt zusammenhingen und bei der explosiven Entladung (Sand-Explosion) entstanden, wie sie gut von sehr schweren Erdbeben (z.B. vom New Madrid-Erdbeben in den USA 1811/1812) bekannt ist.

komplexe Widerstandsmessungen, electrical imaging, aktives Donnerloch, Bodenverflüssigung Chiemgau Impakt

Geoelektrik-Messungen. Electrical Imaging (Widerstand und induzierte Polarisation, IP) über der aktiven Einsenkung von Mörn. Instrument: LIPPMANN 4point light high power für spektrale IP.

Pseudosektionen spezifischer Widerstand Induzierte Polarisation, electrical imaging, aktiver Erfall, Bodenverflüssigung, Chiemgau Impakt

Profil des Electrical Imaging über der aktiven Einsenkung von Mörn: Pseudosektion des scheinbaren spezifischen Widerstandes und der scheinbaren induzierten Polarisation. In der IP-Pseudosektion sieht man ganz besonders schön die Ausbildung der teilweise nach oben durchschlagenden Intrusionen. In vielen Fällen bringen Messungen der IP eine weitaus bessere Auflösung von Untergrundstrukturen verglichen mit Messungen des reinen Widerstandes.