Mikrotektite und der Chiemgau-Impakt

Tektite sind wohlbekannte natürliche Gläser, die nach der Vorstellung der meisten damit befassten Forscher in der allerersten Phase der Kraterentstehung bei einem meteoritischen Impakt gebildet werden. Dabei werden oberflächennahe Böden und Gesteine geschmolzen und/oder verdampft und unter hoher Geschwindigkeit als Schmelze oder Dampf ausgeschleudert. Beim Rückfall mit Abkühlung erwerben die zu Glas gewordenen Partikel charakteristische Formen, landen auf der Erde, wo sie zu den Impakt-Auswurfmassen (Ejekta) gezählt werden. Obwohl dieser Ursprung der Tektite in Impaktprozessen allgemein akzeptiert wird, versteht man die genauen Bildungsbedingungen noch keineswegs besonders gut.

Im Kraterstreufeld des Chiemgau-Impaktes finden sich weit verbreitet Impaktgläser in verschiedensten Ausbildungen, und tektitartige Proben aus dichtem schwarzen Glas mit Blasenhohlräumen haben von Beginn an der Forschungen zum Impakt immer besondere Aufmerksamkeit erregt (Abb. 1).

Chiemgau Impakt tektitartige Gläser

Abb. 1. Dichte schwarze Gläser aus dem Streufeld des Chiemgau-Impaktes mit tektitähnlichem Aussehen und verdrehten Formen, wie sie ganz ähnlich z.B. auch bei den Irghizit-Gläsern des Zhamanshin-Impaktkraters auftreten. Dies aber sind NICHT die Mikrotektite aus dem Chiemgau. – Zum Vergrößern Bild anklicken!

Außerhalb des Kraterstreufeldes in den Alpenvorbergen hat nunmehr die systematische Suche nach einem Impakt-Fallout nicht nur reichlich winzige Eisensilizid-Partikel (Minerale u.a. Gupeiit und Xifengit) sondern auch Mikrotektite erbracht, die weitverbreitet in den Böden angetroffen werden (Abb. 2 und 3). Mit den Begriff Mikrotektite werden Tektite mit einer Größe von weniger als 1 Millimeter bezeichnet.

Die nunmehr gesammelten Mikrotektite zeigen die typischen Spindel-, Tränen-, Hantel-, Kugel- und Ellipsoid-Formen, sie sind transparent und haben meist eine gelblich-bräunlich-gräuliche Farbe. Häufig sind Blaseneinschlüsse.

Mehr zu diesen Mikrotektit-Funden in den Chiemgauer Bergen, insbesondere zu ihrer ungewöhnlichen chemischen Zusammensetzung, bringt ein Beitrag der CIRT-Forscher zur jährlichen renommierten Tagung 45th Lunar & Planetary Science Conference, The Woodlands, Texas, im März dieses Jahres. Wir werden dann berichten.

Bilder (durch Anklicken vergrößern):

Mikrotektit-Chiemgauer-Alpenberge

Mikrotektit Chiemgauer Alpenberge 2Chiemgau-Impakt Mikrotektit

Abb. 2. Typisch geformte Mikrotektite aus den Chiemgauer Bergen. Die Partikel sind 100 – 200 µm groß.

Rasterelektronenmikroskop-Mikrotektit-Chiemgau-Impakt

Abb. 3. Rasterelektronenmikrokopische Bilder von Chiemgauer Mikrotektiten. Aufnahmen Zeiss Microscopy.

 

Eine Woche lang: die russische Akademie der Wissenschaften zu Besuch beim Chiemgau-Einschlag

Seit etwa zwei Jahren gibt es ein offizielles Abkommen zwischen der russischen Akademie der Wissenschaften, vertreten durch das geologische Institut in Syktyvkar, und den Forschern des Chiemgau Impact Research Teams (CIRT). Im Rahmen dieser wissenschaftlichen Kooperation zur Erforschung des Chiemgau-Impaktes war Frau Dr. Tatyana Shumilova, renommierte Direktorin des Labors für Diamant-Mineralogie des Instituts zu Gast im Chiemgau zu gemeinsamen Geländearbeiten, Arbeiten am Mikroskop, Diskussionen und Vorbereitungen von neuen gemeinsamen Publikationen. Eine ausführlichere Beschreibung dieses einwöchigen Besuchs von Dr. Shumilova steht auf der Webseite des wissenschaftlichen Fördervereins Chiemgau Impakt e.V. und kann hier angeklickt werden.

In diesem Zusammenhang und aus immer wieder gegebenem Anlass merken wir an, dass wohl kaum renommierte Wissenschaftler aus der ganzen Welt, darunter hochspezialisierte Experten von Zeiss und Oxford Instruments und aus der Diamantforschung und Nano-Mineralogie, mit dem allermodernsten zur Verfügung stehenden Equipment der Elektronenmikroskopie (REM, TEM, EBSD), der Raman-Spektroskopie, der AFM-Rasterkraft-Mikroskopie, der Röntgendiffraktometrie und -fluoreszenzspektroskopie, der differentiellen Thermoanalyse sowie der Kohlenstoff-Isotopenanalyse dem Chiemgau-Impakt ihre „Aufwartung“ machen würden, wenn sie nicht von der absoluten Realität dieses Ereignisses überzeugt wären. Und sie würden nicht gemeinsam mit den CIRT-Forschern in internationalen  wissenschaftlichen Zeitschriften und auf renommierten internationalen Kongressen (Lunar and Planetary Science Conference LPSC, Meteoritical Society Meeting, American Geophysical Union AGU, International Geological Congress IGC, European Mineralogical Conference) publizieren.

chiemite SEM

Wenn dann die vielen selbsternannten „Experten“ auf den Gebieten der Impaktforschung, der Geologie, Geophysik und Mineralogie ihre „Weisheiten“ in Internetblogs und bei anderen Gelegenheiten von sich geben, zeigt es nur, dass sie absolut nichts verstanden haben, nichts verstehen wollen und wohl auch nicht die Fähigkeit haben, etwas von den wissenschaftlichen Themen mit den Stichworten Xifengit, Gupeiit, Suessit, Hapkeit, Moissanit, Khamrabaevit, Krotit, Dicalcium-Dialuminat, calcium-aluminum-rich inclusions CAIs, Zirkon, Baddeleyit, Wollastonit, diaplektisches Glas, akkretionäre Lapilli, Uran-Blei-Systeme, Schock-Spallation, planare Deformationsstrukturen PDFs, Shatter Cones, Chiemit, diamantähnlicher Kohlenstoff DLC, Carbine, carbinähnlicher Kohlenstoff, Airburst, Plasmabildungen, Electrical Imaging, Rock Liquefaction und anderes zu verstehen.

Auch an manche Journalisten und andere Medienvertreter ergeht die Bitte, doch erst einmal diesbezüglich etwas besser zu recherchieren und sich zu informieren. Internetblogs und Wikipedia mit der einseitigen Parteinahme für diese selbsternannten „Experten“ und ihre überwiegend abstrusen Kommentare sowie Erklärungen von Beamten einschlägig betroffener Ämter, von der Materie ebenfalls absolut „unbeleckt“, sind dafür denkbar ungeeignet.

Die Donnerlöcher von Kienberg, der Chiemgau-Impakt, und was es mit der Bodenverflüssigung (Liquefaktion) auf sich hat

Die Berichterstattung in den Medien, die Kommentare von regionalen und lokalen Geologen sowie die Äußerungen von zahlreichen selbsternannten „Experten für die Geologie von Erdfällen“ haben deutlich gemacht, dass es beim Verständnis des geologischen Prozesses der Bodenverflüssigung (Liquefaktion) meist noch ziemlich hapert bzw. absolute Unkenntnis besteht. Deshalb wollen wir hier etwas Aufklärung betreiben, und wir können uns vorstellen, dass insbesondere die betroffene Bevölkerung dafür dankbar sein könnte.

Liquefaktion ist vor allen Dingen mit schweren Erdbeben verknüpft, und in den letzten 50 Jahren hat es enorme Auswirkungen z.B. bei den Beben in Alaska, USA, 1964, Nagata, Japan, 1964, Loma Prieta, USA, 1989 und Kobe, Japan, 1995, gegeben. Historisch berühmt und berüchtigt sind die Erdbeben von Kalabrien, Italien, 1783, und von New Madrid, Missouri, USA, 1811/1812, bei denen die Bodenverflüssigung mit den geologischen Auswirkungen gigantische Ausmaße annahm. Selbst schriftliche Überlieferungen aus der Antike zu Begleiteffekten von Erdbeben müssen wir heute im Sinne von Liquefaktion ansehen.

erdbeben liquefaktionAbb. 1. Liquefaktion; Erdbeben von Ojiya 2004, Christchurch 2011. Angesichts des hochgedrückten Kanalschachtes dürfen die hunderte Kilogramm schweren Nagelfluh-Blöcke, die – hochkatapultiert – bei den Aufgrabungen der Kienberger Donnerlöcher angetroffen wurden, zwar Erstaunen hervorrufen aber letztlich nicht überraschen. Bildquellen: Wikimedia Commons, links und rechts.

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Die Donnerlöcher von Kienberg und das Landesamt für Umwelt (LfU), geologischer Dienst

Die Berichte und Filme der Medien über das jüngst entstandene tiefe Donnerloch (berichtigte Messung: etwas über 8 m tief) haben, genau wie erwartet, das Landesamt für Umwelt, geologischer Dienst, auf den Plan gerufen. Auf der Internetseite des LfU wird erklärt, dass die Donnerlöcher von Kienberg überhaupt nichts Besonderes seien, dass es von diesen Erdfällen tausende überall in ganz Bayern gibt, die in den letzten Jahrzehnten von den Geologen des Amtes „erfasst“ wurden (kommentierend mehr dazu HIER und HIER).

Wir stellen noch einmal einander gegenüber:

— die Geologie-Beamten des LfU, die die tausende von Erdfällen „erfasst“, also wohl in Karten eingetragen und gezählt haben (dabei aber die Kienberger Donnerlöcher offensichtlich noch niemals in Augenschein genommen haben – siehe den Text HIER)

— und die Forscher vom CIRT, die seit einigen Jahren das Phänomen der Donnerlöcher eingehend mit den wissenschaftlichen Methoden der Geologie und Geophysik untersucht und darüber in internationalen Zeitschriften und bei Kongressen publiziert haben. Diese Untersuchungen wurden mit geophysikalischen Messungen über dem neusten 8 mTiefe-Loch fortgesetzt, die die Erkenntnisse der bisherigen Untersuchungen voll untermauern: Die Erdfälle von Kienberg sind etwas höchst Ungewöhnliches, was in den weiteren Beiträgen zum Donnerloch-Phänomen auf unserer Webseite (siehe weiter unten bzw. alle Beiträge mit dem Stichwort Donnerloch/Donnerlöcher) selbst für den geologischen Laien nachvollziehbar ist.

Unten folgt das vorläufige Ergebnis der Geophysik-Messungen von gestern, 2.11.2013., über dem ganz neu entstandenen Donnerloch zwischen Rabenden und Kienberg.

Donnerloch Rabenden Geophysik

Die Donnerlöcher von Kienberg und das Erdbeben von Kalabrien 1783

In der Diskussion um die Donnerlöcher von Kienberg wird immer wieder die falsche Behauptung erhoben, die Chiemgauer Impaktforscher wollten mit der Erklärung zur Entstehung der Donnerlöcher die Hypothese des Chiemgau-Impaktes, des Einschlags eines großen Kometen oder locker gebundenen Asteroiden in der Bronzezeit/Keltenzeit, beweisen. Das trifft nicht einmal in Ansätzen zu, da der Impakt nach dem gegenwärtigen Stand der Wissenschaft längst als Realität anzusehen ist, wofür die allgemein in der Impaktforschung als Beweis angesehenen klaren Schockeffekte und extremen Temperaturauswirkungen (z.B. Entstehung des Chiemit bei Temperaturen von 2500 – 4000°C) stehen.

Die im Raum Kienberg so konzentriert auftretenden Donnerlöcher sind primär ein geologisches Phänomen, das vom CIRT mit großen Aufgrabungen geologisch und mit geoelektrischen Messungen geophysikalisch in den letzten Jahren untersucht worden ist. Dabei haben sich klare und eindeutig zu interpretierende Befunde ergeben, die in einer Publikation mit Peer-Review (vier Gutachter) publiziert wurden. In der Publikation werden alle nur denkbaren Möglichkeiten einer Donnerloch-Bildung erörtert und bis auf das offensichtlich anwendbare Modell einer Bodenverflüssigung (Liquefaktion) mit explosionsartiger Materialentladung nach oben verworfen. Die Liquefaktion oder auch Gesteinsverflüssigung ist ein allgemein in der Geologie, Ingenieurgeologie, Erdbebengeologie und Seismologie bekannter Prozess, der vor allem im Zusammenhang mit schwersten Erdbeben auftritt. Das CIRT hat in der Publikation für den Fall Kienberg das heute noch geologisch so klar „mitgenommene“ Erdbebengebiet von New Madrid in Missouri, USA, zum Vergleich herangezogen, wo ganz ähnliche Phänomene heute, noch 200 Jahre nach dem Erdbeben, auftreten.

Man kann aber noch etwas weiter zurückgehen und in Europa bleiben. Im Jahr 1783 erlebte Kalabrien in Süditalien eine Folge schwerster Erdbeben, und über die Auswirkungen hat der berühmte Geologe Charles Lyell in seinem nicht minder berühmten Buch „Principles of Geology“ (1830 – 1833) ausführlich mit lehrreicher Bebilderung berichtet. Und ein ganz besonderer Aspekt dabei ist der der Bodenverflüssigung mit begleitenden explosionsartigen Sandentladungen nach oben und letztlich der Bildung von Donnerlöchern. Nachfolgend bringen wir zwei dieser Holzschnittbilder und übersetzen dazu Zitate aus dem englischen Originaltext.

Zwischenablage01

„In der Nähe von S. Lucido, wie auch an anderen Orten, wird der Boden beschrieben, als ob er sich aufgelöst hätte, so dass Schlammströme wie Lava den flachen Grund überfluteten. … Viele dieser Erscheinungen in den Ebenen zeigen klar das abwechselnde Heben und Senken des Grundes. Der erste Effekt der heftigeren Schocks war gewöhnlich ein Austrocknen des Flusses, unmittelbar gefolgt von einer Überflutung der Ufer. Entlang der alluvialen Ebenen und in Sumpfböden wurde eine ungeheure Anzahl von Sandkegeln nach oben geschleudert. … “ 

Zwischenablage02

„…, wir finden, dass einige Flächen mit runden Löchern, zum großen Teil wagenrad-groß, oft aber auch größer und kleiner, überdeckt waren. … im allgemeinen waren sie mit trockenem Sand gefüllt, manchmal mit konkaver, manchmal mit konvexer Oberfläche. Beim Aufgraben fand man sie fächerförmig ausgebildet, und der feuchte lose Sand im Zentrum markierte die Röhre, durch die das Wasser nach oben herausgespritzt war. Der beigefügte Schnitt [No. 29] repräsentiert einen dieser invertierten Kegel, nachdem das Wasser verschwunden und nichts anderes mehr als trockener glimmerreicher Sand geblieben war.“ 

Mit diesen Ausführungen wollen wir noch einmal betonen, dass das Phänomen der Donnerlöcher von Kienberg ein geologisches Phänomen ist, das geologisch plausibel mit energiereicher Bodenverflüssigung und späteren Folgeprozessen erklärt werden kann und dem durch die Chiemgauer Impaktforscher und deren umfangreiche Untersuchungen schlüssig der Ruf des Rätselhaften genommen worden ist.

Noch einmal die Donnerlöcher von Kienberg

Zum besseren Verständnis der Donnerloch-Entstehung und weil die Original-Arbeit der CIRT-Autoren in englischer Sprache (im Central European Journal of Geosciences) nicht jedermann zugänglich ist, bringen wir hier zwei Darstellungen, die die beiden wesentlichen Phasen der Entstehung dieser Strukturen noch einmal verdeutlichen sollen:
phase 1
PHASE 1: Die enormen Druckwellen eines schwersten Erdbebens oder eines Großmeteoriten-Einschlags führen zu einer Bodenverflüssigung (Liquefaktion) eines sandig-kiesigen Grundwasserleiters. Der extreme Druck treibt das verflüssigte sandig-kiesige Material an Schwächestellen der oberen Deckschichten z.T. explosionsartig nach oben. Die Schichten werden nach oben aufgewölbt, und massive, mehrere 100 kg schwere Blöcke werden nach oben transportiert.
 

phase 2

PHASE 2: In den nachfolgenden einige hundert, einige tausend Jahren wird das feinkörnige Material in dem durch die Liquefaktion enorm mitgenommenen Grundwasserleiter ausgewaschen. Es bilden sich im Laufe der Zeit Hohlräume, die immer größer werden und irgendwann kollabieren, z.B. ausgelöst durch schweres Ackergerät – ein Donnerloch entsteht urplötzlich. Durch die teilweise explosionsartige Entladung nach oben in röhrenartigen Kanälen kann der spätere Einbruch vorgezeichnet werden und zu einem tiefreichenden röhrenförmigen Donnerloch werden, wie es sich jetzt bei Kienberg gebildet hat.

Genau diese Zusammenhänge und Untergrundstrukturen haben die geologischen und geophysikalischen Untersuchungen durch die Impaktforscher des CIRT aufgezeigt. Die Geologen, die immer wieder mit Lehrbuchweisheiten die Donnerloch-Bildung erklären wollen und eine simple Aushöhlung mit Einsturz, darunter den Unsinn einer Toteisbildung vorschlagen, muss vorgeworfen werden, ihre Argumente ohne jegliche Geländeuntersuchung vorzubringen und damit unwissenschaftlich vorzugehen.